Agonale Invektivität
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de Boer, Jan-Hendryk: Imaginierte Angriffe auf den Humanismus, in: Israel, Uwe, Kraus, Marius und Sasso, Ludovica (Hrsg.): Agonale Invektivität: Konstellationen und Dynamiken der Herabsetzung im italienischen und deutschen Humanismus, Heidelberg: Heidelberg University Publishing, 2021 (Das Mittelalter. Perspektiven mediävistischer Forschung. Beihefte, Band 17), S. 209-242. https://doi.org/10.17885/heiup.862.c11483

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ISBN 978-3-96822-088-8 (PDF)
ISBN 978-3-96822-087-1 (Hardcover)

Veröffentlicht am 16.09.2021.


Jan-Hendryk de Boer

Imaginierte Angriffe auf den Humanismus

Zur Legitimierung invektiver Praktiken um 1500

Zusammenfassung Nachdem der Humanismus in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts vielfach problemlos Aufnahme an den Artesfakultäten der deutschen Universi­täten gefunden hatte, mehrten sich zur Jahrhundertwende Klagen über die vermeintliche Feindschaft, mit der Scho­lastiker die „litterae“ bekämpften. Der Beitrag zeigt, dass Humanisten zunächst lokal begrenzte Streitigkeiten zu Grundsatzkonflikten stilisierten, in denen sie sich die Rolle zuwiesen, die humanistische Bildung gegen scholastische Feinde verteidigen zu müssen. Bis in die 1510er Jahre feh­len jedoch Hinweise auf eine organisierte und großflächi­ge Abwehr der „studia humanitatis“ und ihrer Anhänger durch die Scholastiker. Das von den Humanisten entworfe­ne Bedrohungsszenario ermöglichte ihnen, sich als Gruppe nach innen zu solidarisieren und nach außen abzugrenzen. Zugleich legitimierte es die Verwendung invektiver Prak­tiken, die in der gelehrten Auseinandersetzung an den Universitäten unüblich waren. Indem Humanisten ihren fabrizierten Feinden Invektivität unterstellten, inszenier­ten sie sich als berechtigt, mit den nämlichen Mitteln zu­rückzuschlagen.