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Imaginierte Angriffe auf den Humanismus
Zur Legitimierung invektiver Praktiken um 1500
Zusammenfassung Nachdem der Humanismus in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts vielfach problemlos Aufnahme an den Artesfakultäten der deutschen Universitäten gefunden hatte, mehrten sich zur Jahrhundertwende Klagen über die vermeintliche Feindschaft, mit der Scholastiker die „litterae“ bekämpften. Der Beitrag zeigt, dass Humanisten zunächst lokal begrenzte Streitigkeiten zu Grundsatzkonflikten stilisierten, in denen sie sich die Rolle zuwiesen, die humanistische Bildung gegen scholastische Feinde verteidigen zu müssen. Bis in die 1510er Jahre fehlen jedoch Hinweise auf eine organisierte und großflächige Abwehr der „studia humanitatis“ und ihrer Anhänger durch die Scholastiker. Das von den Humanisten entworfene Bedrohungsszenario ermöglichte ihnen, sich als Gruppe nach innen zu solidarisieren und nach außen abzugrenzen. Zugleich legitimierte es die Verwendung invektiver Praktiken, die in der gelehrten Auseinandersetzung an den Universitäten unüblich waren. Indem Humanisten ihren fabrizierten Feinden Invektivität unterstellten, inszenierten sie sich als berechtigt, mit den nämlichen Mitteln zurückzuschlagen.