Zitationsvorschlag

Baumgartner, Gerhard: Prolegomena zur Geschichte der filmischen Darstellung der Roma und Sinti, in Reuter, Frank, Gress, Daniela und Mladenova, Radmila (Hrsg.): Visuelle Dimensionen des Antiziganismus, Heidelberg: Heidelberg University Publishing, 2021 (Antiziganismusforschung interdisziplinär: Schriftenreihe der Forschungsstelle Antiziganismus, Band 2), S. 311–338. https://doi.org/10.17885/heiup.973.c12938

Identifier (Buch)

ISBN 978-3-96822-054-3 (PDF)
ISBN 978-3-96822-055-0 (Softcover)
ISBN 978-3-96822-072-7 (Hardcover)

Veröffentlicht

16.12.2021

Autor/innen

Gerhard Baumgartner

Prolegomena zur Geschichte der filmischen Darstellung der Roma und Sinti

Zusammenfassung Der Beitrag betont die Rolle des Stummfilms bei der kinematografischen Popularisierung antiziganistischer Stereotypen. Frühe Filmproduzenten griffen auf etablierte Topoi vor allem aus dem Bereich des Musiktheaters zurück. Dabei lassen sich allerdings große nationale Unterschiede ausmachen, wie der Autor am Beispiel Ungarns demonstriert. Dort identifizierten sich Adel und Großbürgertum mit der so genannten „Zigeunermusik“ als Ausdruck ungarischer Nationalkultur und Identität, was sich auch in der filmischen Repräsentation der Roma niederschlägt. Paradigmatisch dafür ist die oft verfilmte Oper Der Zigeunerbaron von Johann Strauss aus dem Jahre 1885, in der Roma als integraler Bestandteil der ungarischen Gesellschaft dargestellt werden – ein Rollenverständnis, das von westeuropäischen Vorlagen wie Bizets Carmen oder Verdis Il Trovatore stark abweicht. Auch in erhalten gebliebenen Aufnahmen der ungarischen Kinowochenschau nach dem Ersten Weltkrieg finden berühmte Roma-Kapellen positive Erwähnung. Hingegen reproduzieren Dokumentaraufnahmen, die der frühe österreichische Werbefilmer Karl Köfinger in burgenländischen Romasiedlungen machte, die exotisierenden und stereotypen „Zigeuner“-Darstellungen aus Malerei und Fotografie. Ein Beispiel für filmische Zeugnisse jenseits antiziganistischer Konstruktionen ist Peter Nestlers Dokumentation Zigeuner sein aus dem Jahr 1970, in dem Holocaust-Überlebende eine Stimme erhalten.