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Vor-Bilder. Zum Nicht-Sehen-Wollen von Roma
Zusammenfassung Unsere Wahrnehmung wird von einem System erlernter kultureller Symbole bestimmt. Mit deren Hilfe deuten wir unsere Umwelt. Dabei verfahren wir selektiv und folgen dem Prinzip der Vereinfachung und Vereinheitlichung. Wahrnehmung als kognitiv-sinnliche Interaktion zwischen uns und der Umwelt kann nicht „falsch“ sein, aber unzureichend, eingeschränkt, verzerrt u. Ä. m. Visuelle Artefakte wie Gemälde oder Fotografien evozieren eine imaginative Vergegenwärtigung der angeeigneten Deutungsmuster im Bruchteil einer Sekunde. Visuelle Repräsentationen von Roma greifen meist auf ein Archiv des Wissens über Körpermerkmale, Physiognomien, Kleidung, Lebensweise usw. zurück und erzeugen einen ethnischen „Sinnüberschuss“. Roma tauchen dort nur in derjenigen Gestalt auf, die sie annehmen müssen, um gesehen zu werden: als „Zigeuner“. Diese Art der Repräsentation verschattet ihre reale Existenz. Man sieht also nicht, was man sieht, und sieht, was man nicht sieht. Jedes Bild enthält immer schon ein Vor-Bild, das im Bild wiedererkannt wird. Dieser Blick entstellt das Objekt der Darstellung und verrät ein „Nicht-Sehen-Wollen“ des Vorgefundenen. Der Aufsatz zeichnet diesen Vorgang nach und skizziert an einem Beispiel die Möglichkeit, ihn zu durchbrechen.