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Soldiers of Rome?
Ein Forschungsnarrativ über die Haßleben-Leuna-Gruppe und dessen Entstehung
Zusammenfassung Die archäologische Nachkriegsforschung in Deutschland verfolgt bis heute das Narrativ von germanischen Hilfstruppen, die im 3. Jahrhundert n. Chr. für die gallischen Kaiser gekämpft hätten und später in ihre ‚Heimat‘ zurückgekehrt seien. Die Soldaten dieser Hilfstruppen wurden lange Zeit in der archäologischen Forschung mit den Bestatteten der sogenannten Haßleben-Leuna-Gruppe im heutigen Thüringen und Sachsen-Anhalt gleichgesetzt. Diese Prunkgräbergruppe zeichnet sich besonders durch reiche Artefakte vermeintlich römischer oder nicht-römischer Herkunft aus. Sie kann daher Aufschluss über den Entstehungsprozess der nichtrömischen Eliten in dieser Region geben. Numismatische Funde innerhalb der Gräber (3. Jahrhundert n. Chr.) und die Tatsache, dass ingentia auxilia Germanorum, ‚Söldner‘, in der ‚Historia Augusta‘ (4./5. Jahrhundert n. Chr.) erwähnt werden, schienen diese These zu stützen. Neuere Untersuchungen zeigen allerdings, dass frühere und sogar noch zeitgenössische Archäologinnen und Archäologen die römischen Quellen ausgesprochen positivistisch bewerteten. Nachfolgende Historikerinnen und Historiker stützten sich auf diese Argumentation und unterlagen einem Zirkelschluss. Die ursprüngliche Annahme, die die Entstehung der elitären Grabhorizonte an das sogenannte Gallische Sonderreich band, gilt heute allgemein als widerlegt. Es stellt sich somit die Frage, wie die moderne Forschung mit dem komplizierten und vielschichtigen Narrativ von römischen Grabausstattungen und den vermeintlich ehemaligen römischen Soldaten in den Gräbern von Haßleben-Leuna umzugehen hat.