Zitationsvorschlag

Zum islamwissenschaftlichen Blick auf die Rhetorik im arabischen Raum: Aspekte des Fremd- und Selbstbildes, in Kiyanrad, Sarah, Sauer, Rebecca und Scholz, Jan (Hrsg.): Islamische Selbstbilder: Festschrift für Susanne Enderwitz, Heidelberg: Heidelberg University Publishing, 2020, S. 181–213. https://doi.org/10.17885/heiup.531.c9256

Identifier (Buch)

ISBN 978-3-947732-19-7 (PDF)
ISBN 978-3-947732-18-0 (Hardcover)

Veröffentlicht

23.07.2020

Autor/innen

Jan Scholz

Zum islamwissenschaftlichen Blick auf die Rhetorik im arabischen Raum

Aspekte des Fremd- und Selbstbildes

Abstract In der Islamwissenschaft bzw. Arabistik wird regelmäßig zwischen griechisch-römischer (bzw. westlicher oder abendländischer) Rhetorik einerseits und arabischer Rhetorik andererseits unterschie­den. Hierbei meint erstere die Rhetoriktheorie aristotelischer Prägung, welche eine Theorie öffentlicher Rede darstellt. Mit arabischer Rhetorik wird hingegen die autochthone arabische Tradition der literarischen Rhetorik bezeichnet. Diese stellt im Gegensatz zur griechisch-römischen eigentlich keine Theorie öffentlicher Rede dar, sondern im Wesentlichen eine Text-Theorie. Wenngleich diese Unterscheidung in einer histori­schen Perspektive durchaus gerechtfertigt sein kann, so wird sie in der Moderne in gewisser Hinsicht problematisch. Moderne arabische Rhe­torikhandbücher, welche ab Ende des 19. Jahrhunderts erscheinen und ab dem 20. Jahrhundert auch für das arabisch-islamische Predigtwesen eine wichtige Rolle spielen, rekurrieren zunehmend auf die sogenannte griechisch-römische Rhetoriktradition. Vor diesem Hintergrund läuft die Unterscheidung zwischen griechisch-römischer und arabischer Tradi­tion Gefahr, Dichotomien zu reproduzieren, welche gerade im Kontext der Orientalismus-Debatte kritisiert wurden. Denn die Rhetorikhandbü­cher stellen sich bewusst in eine aristotelische Tradition und fühlen sich gleichzeitig auch der arabischen verpflichtet. Die Frage der Unterschei­dung zwischen unterschiedlichen Rhetoriktraditionen berührt insbeson­dere die Frage nach Fremd- und Selbstbildern. Dies gilt in gewissem Maß bereits für die Vormoderne, insbesondere aber für die Moderne. Anhand eines Überblicks über ausgewählte islamwissenschaftliche bzw. arabis­tische Darstellungen des Themas arabische Rhetorik wird gezeigt, dass die Wahl angemessener Begrifflichkeiten eine doppelte Herausforderungder anderen den Orientalismus.

 

Keywords Rhetorik, Balāġa, Balāgha, Ḫaṭāba, Khaṭāba, Griechisch, Römisch, Arabisch, Orientalismus, Eurozentrismus