7.0 Sprachnormierung und Sprachkritik im Kroatischen
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Abstract
Sprachnormenkritik als Reflexion über die Angemessenheit der Sprache geht im Kroatischen bis in die Anfänge der Literatursprache in der Renaissance zurück. Die Reflexion über die Wahl der Varietät und Beschaffenheit des Kroatischen, basierend auf der Verbreitung und der Fähigkeit zum literarischen Ausdruck, geht implizit, im Sinne der Varietätenwahl, auf das späte 16. und frühe 17. Jh. zurück. Schon im Jahr 1595 entstand das Wörterbuch der „fünf edelsten Sprachen Europas“, darunter auch des Dalmatinischen Kroatischen von Faust Vrančić, das den Wortschatz mehrerer Varietäten beinhaltet. Neben diesem inklusiven Modell im Bereich der Lexik basieren die frühen grammatischen Überlegungen auf der Verbreitung und der kulturellen Bedeutung der Varietäten. Die erste Grammatik des Kroatischen datiert aus dem Jahr 1604 und wurde von dem kroatischen Naturwissenschaftler Bartol Kašić auf der Basis des meist verbreiteten Dialekts verfasst, obwohl dies nicht der ursprüngliche Dialekt des Verfassers war. Solche Überlegungen werden im 18. Jh. explizit formuliert und schaffen die Basis für die Standardisierung im 19. Jh. Seit der Kodifizierung am Anfang des 19. Jh. ist die Rede von der Sprachnorm (jezična norma). Die Termini Sprachkultur (jezična kultura) und sprachliche Korrektheit (jezična pravilnost) werden seit der (relativen) Etablierung der Sprachnorm Anfang des 20. Jh. verwendet. Explizite Sprachnormenkritik entsteht in den 1960er Jahren (Katičić 1963, 1965), wird in den 1970er Jahren atomistisch über vereinzelte sprachliche Äußerungen geführt, gewinnt jedoch in den 1980er Jahren an Schwung und ist seit den 1990er Jahren im Zuge der Neustandardisierung sehr prominent. In der neuesten Zeit, seit der Neuetablierung der kroatischen Norm, finden sich vermehrt Publikationen über die sprachliche Korrektheit (z. B. von Pranjković, 2010, Ogledi o jezičnoj pravilnosti ‚Betrachtungen über die sprachliche Korrektheit‘).