Diversität als neuer moralischer Wert im Bildungsplan Baden-Württemberg nach der Einführung der Leitperspektive BTV
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Abstract
Mit der Einführung von Leitperspektiven in den baden-württembergischen Bildungsplan rücken Diversität und Vielfalt stärker in den Mittelpunkt des Unterrichtens. Im Beitrag werden ausgewählte Dokumente, die in Zusammenhang mit der Einführung der Leitperspektive BTV (= Bildung für Toleranz und Akzeptanz von Vielfalt) stehen, diskursanalytisch untersucht. Die Analyse des Diversitätsbegriffs hinsichtlich seiner Verwendung und Definition offenbart eine Verkürzung auf die Themen kulturelle Differenz und Behinderung. Überdies zeigt sich eine Erhöhung des Begriffs zum Metagut, womit eine Hypermoralisierung einhergeht: Der Begriff Diversität wird nicht mehr zur Beschreibung von sozialen Tatbeständen verwendet, sondern askriptiv – im Sinne einer moralischen Haltung – gebraucht. Gleichzeitig verschiebt sich im Diskurs die Verantwortung für die Einlösung dieses Metaguts hin zum Individuum, insbesondere zu den Lehrkräften, womit das Versprechen einhergeht, soziale Herausforderungen im Schulsystem, wie etwa Bildungsungleichheit, zu lösen.