Wertevermittlung als schulischer Bildungsauftrag?
Identifier (Artikel)
Abstract
Schule wird politisch in den Dienst der Wertevermittlung genommen, um angesichts einer Diversifizierung gesellschaftlichen Zusammenhalt zu bewirken und Parallelgesellschaften vorzubeugen. Dieser Aspekt ist der tragende Grund für die Schulpflicht nicht nur im Sinne einer Bildungspflicht, sondern vor allem einer Schulinstitutionspflicht. Werte stehen heute als politische Chiffre für Tugenden, für Ideale, gemeinsame Überzeugungen und eine Art gemeinsames Fundament, das über das, was Recht ist, hinausreicht. Die grundgesetzliche Gestaltungsbefugnis des Staates in Bezug auf das Schulwesen, die durch die Länder wahrgenommen wird, steht unter der Prämisse, dass sich der Staat nicht mit einer bestimmten Weltanschauung oder Religion identifizieren darf (Neutralitätsgebot) und wird im Wege der praktischen Konkordanz begrenzt durch das Elternrecht (und die Grundrechte des Kindes). Dem Elternrecht ist dabei der Vorrang einzuräumen, je intensiver die Einwirkung auf die Persönlichkeit ist, je strittiger die Erziehungsziele sind und je verzichtbarer bzw. substituierbarer sich bei dem Vorgenannten der konkrete Unterrichtsinhalt bzw. die Erziehungsmethode in einem geordneten Schulbetrieb darstellt. Die Autorin versucht die Spannungen bei der Ausgestaltung und Umsetzung des staatlichen Bildungsauftrags durch einen Dreiklang auszutarieren: Erstens hat der staatliche Unterricht seine Werte an den verfassungsrechtlichen Staatsziel- und Strukturprinzipien zu orientieren; er darf dabei, zweitens, die Schüler nicht überrumpeln oder indoktrinieren, sondern hat Kontroverses auch kontrovers zu vermitteln und muss, drittens, den Fokus auf eine Erziehung zur Mündigkeit („sittliche Persönlichkeit“) legen.