Retro und Pro
Zur janusköpfigen Zeitlichkeit mündlicher Sprache
Identifier (Artikel)
Abstract
Was tun wir, wenn wir miteinander reden? Wie hängt die Gleichzeitigkeit von Sprechen und Hören mit beobachtbaren sprachlichen Strukturen zusammen? Lange Zeit war die Schriftsprache Maßstab und Orientierungspunkt für die Theorie- und Methodenentwicklung der Sprachwissenschaft. Doch während schriftliche Texte räumlich und zeitlich getrennt produziert und rezipiert werden, vollzieht sich gesprochene Sprache in der lebendigen Gegenwart eines Gegenübers – was ganz spezifische Sprachstrukturen hervorbringt. Mit dem Vor und Zurück des Hervorbringens und Bearbeitens sprachlicher Strukturen beim Sprechen beschäftigt sich die noch junge Disziplin der Interaktionalen Linguistik. Die Heidelberger Forschung in diesem Bereich zeigt, dass sprachliche Phänomene, die in der traditionellen Linguistik als forschungsunwürdig galten, beispielsweise eine wichtige Rolle bei dem von Sigmund Freud als „Redekur“ bezeichneten Sprechen in der Psychotherapie spielen.