»... der Augenblick ist mein und nehm ich den in Acht« Daseinsthemen und Lebenskontexte alter Menschen
15 Apr 2022
Coda: Eine Aufgabe im Leben haben
Die Studien machen deutlich, dass trotz der zunehmenden körperlichen und kognitiven Verletzlichkeit im Alter bei vielen Menschen eine relativ stark ausgeprägte Resilienz und Adaptivität erkennbar ist, wodurch auch in belastenden Situationen die Aufrechterhaltung oder Wiederherstellung einer subjektiv tragfähigen Lebensperspektive, verbunden mit einer relativ hohen Lebenszufriedenheit, möglich wird. Zugleich legen die Untersuchungsergebnisse die Aussage nahe, dass Resilienz und Adaptivität an Grenzen stoßen, die durch gesundheitliche und soziale Verluste – vor allem durch eine Kumulation der Verluste – gezogen werden. Diese Grenzen werden vor allem dann offenbar, wenn alte Menschen unter ungünstigen, im Sinne von Benachteiligungen (oder von sozialer Ungleichheit) zu deutenden materiellen Bedingungen leben oder wenn sie (darüber hinaus) einsam sind und nur wenige Möglichkeiten sozialer Teilhabe erfahren. Gerade in solchen Fällen ergibt sich umfassender Interventionsbedarf, der sich nicht auf die medizinisch-therapeutisch-rehabilitative Intervention beschränkt, sondern auch die psychologisch-psychotherapeutische, die soziale und die rehabilitativ-pflegerische Intervention umfasst. Sittlich-normativ lassen sich die Interventionsanforderungen in der Weise rahmen, dass immer wieder deutlich gemacht wird, dass Menschen jeglichen Lebensalters einen grundlegenden Lebensqualitätsanspruch besitzen und somit im Hinblick auf die Verwirklichung ihrer Vorstellungen von Lebensqualität jene Unterstützung erfahren, die eine Gesellschaft zu leisten in der Lage ist. Dies gilt auch für jene Menschen, bei denen aufgrund einer Vielzahl an Erkrankungen Pflegebedürftigkeit vorliegt oder eine weiter fortgeschrittene Demenz besteht. Die gesellschaftlichen Diskurse zu den Rechten alter Menschen auf eine fachlich fundierte Unterstützung und Versorgung werden in Zukunft vermutlich weiter an Bedeutung gewinnen, wenn nämlich die Anzahl alter Menschen mit chronischen Erkrankungen (des Körpers, des Gehirnes) erkennbar zunehmen wird. Mit Blick auf diese Diskurse sind Forschungsergebnisse wichtig, die eine differenzierte Sicht auf die Lebenssituation und die Lebensbedingungen wie auch auf die Ressourcen und die Verletzlichkeit alter Menschen ermöglichen.
Die drei in dieser Monografie im Zentrum stehenden Studien verstehen sich, wie verschiedentlich dargelegt, nicht als repräsentative Studien. Es geht ihnen vielmehr um etwas anderes: Sie möchten vor allem Einblick geben in die Lebensdeutung, wie diese von Menschen im achten, neunten und zehnten Lebensjahrzehnt vorgenommen wird. Dies ist der Grund, warum in den Studien die Methode des biografischen Interviews im Vordergrund stand: Denn wir sind davon ausgegangen, dass subjektives Erleben, subjektive Erfahrungen und persönliche Deutungen sehr gut durch ausführliche, auf die Gegenwart und Zukunft konzentrierte, zugleich biografische Rückgriffe ermöglichende und anregende Interviews erfasst werden können. Zudem wurden einige psychologische Messverfahren angewendet, mit deren Hilfe Aussagen zu Merkmalen getroffen werden sollten, die in einem Zusammenhang mit der Lebensdeutung, das heißt mit Erleben, Erfahrungen und Deutungen des Individuums stehen; zu nennen sind hier zum Beispiel jene der Lebenszufriedenheit, des Optimismus, des Kohärenzgefühls, der Depressivität, der subjektiven Wahrnehmung von Potenzialen und Barrieren eines mitverantwortlichen Lebens sowie von Entwicklungsgewinnen. Diese Merkmale, so lautete unsere Annahme, können Lebensdeutungen – wie sich diese vor allem in der daseinsthematischen Struktur eines Individuums widerspiegeln – beeinflussen, wie sie umgekehrt von diesen beeinflusst sind.
Die Lebensdeutung alter Menschen haben wir in den theoretischen Kontext der Daseinsthemen 1 eingeordnet, die unterteilt werden können in aktuelle, temporäre (also längere Zeiträume überdauernde) und chronifizierte (also über weitere Phasen des Lebenslaufes bestehende) Anliegen, Erwartungen, Hoffnungen und Sorgen des Individuums. In ihnen spiegelt sich die Art und Weise wider, wie die Person die gegebene Lebenssituation deutet und wie sie diese stimmig zu machen versucht. Das Konstrukt der Daseinsthemen haben wir dabei in dreifacher Hinsicht erweitert: zum einen durch das Konstrukt der Lebensstrukturen, 2 also jener Lebensbereiche, in die das Individuum psychische Energie investiert; im Kontext der „Berliner Altersstudie“ hat sich vor allem Ursula Staudinger mit dem Lebensinvestment befasst und dabei die einzelnen Lebensbereiche – entsprechend ihrer relativen Gewichtung im Erleben der Person – in eine Rangordnung gebracht, wie auch wir dies getan haben.3 Eine weitere Erweiterung bildete das Konstrukt der Lebensbewertung, das von M. Powell Lawton in die psychologische Analyse des hohen Lebensalters eingeführt wurde: 4 Inwieweit ist die Person in positiver Hinsicht an einzelne Lebensbereiche gebunden, und inwieweit spiegelt sich dieses Gebunden-Sein in ihrer Lebensbewertung wider? Die Nähe zu existenzpsychologischen Arbeiten von Viktor Frankl 5 ist hier unübersehbar und wurde von uns ausdrücklich mitgedacht. Eine dritte Erweiterung erfuhr das Konstrukt der Daseinsthemen durch die Konstrukte der Lebenserfahrung und des Lebenssinns: 6 Die in der Biografie gewonnenen Lebenserfahrungen stellen einen Deutungskontext dar, in den aktuelle Erlebnisse und Erfahrungen integriert werden; zugleich kann die Lebenserfahrung der Person als wichtige Hilfe beim Umgang mit (neuartigen) Anforderungen und Herausforderungen dienen.7 Ganz ähnlich hatte auch Hans Thomae argumentiert, als er die Bewältigungsversuche (Daseinstechniken) der Person vor dem Hintergrund ihrer daseinsthematischen Strukturen deutete und diese Deutung als einen Ausgangspunkt entwicklungspsychologischer Analysen in der „Bonner Gerontologischen Längsschnittstudie“ wählte.8 Zu nennen ist hier auch die Analyse von möglichen Reifungsschritten in der Bewältigung von schweren und schwersten Belastungen, in denen dieser Bewältigungsprozess (Daseinstechniken) im Kontext von Daseinsthemen betrachtet wurde.9
Es ließ sich in den drei Studien aufzeigen, wie differenziert jene alten Menschen, die interviewt wurden (insgesamt N = 1.055 Personen), auf ihre Lebenssituation im Alter blicken, wobei die thematische Akzentsetzung wie auch die emotionale Tönung der Lebensdeutungen zum Teil sehr verschiedenartig ausfallen. Was uns in der „Generali Hochaltrigenstudie“ sowie in der Studie „Kreativ leben im Alter“ besonders auffiel, war die bei vielen alten Menschen erkennbare produktive Sorge – wobei wir den Begriff der Sorge nicht im Sinne von Schwermut oder Niedergeschlagenheit, sondern vielmehr im Sinne der Bindung an andere Menschen verstanden haben: „Ich sorge mich um einen anderen Menschen, ich sorge für diesen.“ Hier übrigens erhielten wir viele Impulse durch das philosophische Werk von Immanuel Lévinas.10 Diese Sorge um oder für einen anderen Menschen musste keine „quantitativ große“ sein, sie konnte auch eine eher „symbolisch gemeinte“ sein. Entscheidend für die Feststellung, dass sich im Erleben alter Menschen ein Sorgemotiv zeigt, das sich zudem in bestimmten Sorgeformen ausdrückt, war die Tatsache, dass diese in den Interviews spontan und wiederholt darauf zu sprechen kamen, was sie für andere Menschen tun bzw. tun wollten und warum dies der Fall sei. Die spontan berichtete, intensive Auseinandersetzung mit dem Schicksal eines anderen – vielfach: nahestehenden – Menschen bildete für uns einen bedeutenden Indikator des Sorgemotivs bzw. der Sorge als bedeutendes Daseinsthema. In der Studie „Altern in Balance“ trat die Vielfalt der Daseinsthemen, die ein- und derselbe Mensch berichten kann, noch deutlicher ins Zentrum. Dabei mischte sich die Gebundenheit an das Leben (ganz im Sinne von M. Powell Lawton) mit Lebenssinn (im Sinne von Stimmigkeit) und (Weitergabe von) Lebenserfahrung. Speziell in der Weitergabe von reflektierter Lebenserfahrung erkannten alte Menschen eine für sie wichtige Ausdrucksform der Generativität – wenn nicht sogar der symbolischen Immortalität –, die sich zu einer kosmischen oder Transzendenzerfahrung erweitern konnte.11 Zugleich wurden in den daseinsthematischen Analysen Befürchtungen und Sorgen, wenn nicht sogar hochbelastende Grenzerfahrungen offenbar: Sensorische oder kognitive Einbußen, chronische Erkrankungen, der Verlust nahestehender Menschen, schließlich die Aufgabe der eigenen Wohnung bildeten Erfahrungen, die sich deutlich in der daseinsthematischen Struktur der Person niederschlugen und die auch mit Blick auf die Gesamtgruppe großes Gewicht besaßen.
Besondere Bedeutung kam dabei dem Schmerzerleben des Individuums zu, welches wir in der Studie „Altern in Balance“ einer ausführlichen Analyse unterzogen. Dabei stießen wir auf einen für uns überraschenden Befund: Für die von uns untersuchten psychologischen Parameter war weniger das Faktum entscheidend, welche Schmerzintensität – eingestuft mit der Visuellen Analogskala (VAS) – die Studienteilnehmerinnen und -teilnehmer empfanden. Vielmehr war entscheidend, ob „Schmerz“ ein Daseinsthema, das heißt ein im Interview spontan und wiederholt geäußertes Anliegen bildete oder nicht. Dabei wies der Ausprägungsgrad des Daseinsthemas „Schmerz“ nur geringe Zusammenhänge mit der Schmerzintensität auf. Es ist also nach den Befunden in der Studie „Altern in Balance“ durchaus möglich, dass alte Menschen eine hohe Schmerzintensität empfinden, dass „Schmerz“ aber kein bedeutendes Daseinsthema bildet. Es ist genauso möglich, dass die Schmerzintensität im mittleren Bereich liegt, „Schmerz“ jedoch ein subjektiv bedeutendes Daseinsthema darstellt. Hier lassen sich durchaus vorsichtige Folgerungen im Hinblick auf die „psychologische Bedeutung“ von Schmerz anstellen: Drückt sich in dem Daseinsthema „Schmerz“ möglicherweise mehr aus als nur der körperliche Schmerz? Kommt hier vielleicht auch der seelische oder existenzielle Schmerz (nach dem Verlust eines nahestehenden Menschen, in der Konfrontation mit dem Lebensende, als Folge eines eher negativ bilanzierten Lebensrückblickes) zum Ausdruck?
Wir haben in der Studie „Altern in Balance“ versucht, mit Blick auf jene Daseinsthemen, die in besonderer Weise die Lebensbewertung und Lebensbindung der Person verkörpern, eine Unterteilung der Gesamtgruppe in Untergruppen vorzunehmen und dabei die Frage zu beantworten, inwieweit soziodemografische Merkmale sowie das Merkmal „Schmerz“ Einfluss auf die Zugehörigkeit zu einer spezifischen Untergruppe aufweisen. Wir konnten zum Beispiel auf statistischem Wege zwischen drei Untergruppen differenzieren, von denen (a) eine von einer eher positiven Einstellung zum eigenen Alter, verbunden mit einer positiven Bindung an verschiedene Lebensbereiche, verbunden auch mit der Überzeugung, eine Aufgabe im Leben zu haben, bestimmt war, (b) eine weitere eine eher neutrale und (c) eine dritte eine negative Einstellung zum eigenen Alter aufwies, wobei letztere durch eine Vielzahl an erlebten oder aber antizipierten bzw. befürchteten Verlusten charakterisiert war. Es ließ sich nun zeigen, dass jene Personen, bei denen eine positive Einstellung vorherrschte, mit höherer Wahrscheinlichkeit auf eine eher günstige sozioökonomische Situation blickten, seltener einen höheren Pflegegrad aufwiesen und „Schmerz“ eher als Daseinsthema von geringerer persönlicher Bedeutung zeigten. Diese vorsichtig zu interpretierenden Befunde machen deutlich: Die Lebensdeutung steht in einem engen Zusammenhang mit den objektiv gegebenen Lebensbedingungen; zudem ist sie von einem Merkmal mitbeeinflusst (erlebte Schmerzintensität), in dem sich zahlreiche Aspekte des Lebens – positive vs. negative – zu verdichten scheinen.
Die große Bedeutung, die in der „Generali Hochaltrigenstudie“ der Sorge für andere Menschen und der Sorge um andere Menschen zukam, hat uns dazu motiviert, in der Studie „Altern in Balance“ die Frage zu adressieren, inwieweit im Alter aktive Formen der sozialen Teilhabe erkennbar sind, in denen der Wunsch nach einem mitverantwortlichen Leben bzw. nach Engagement für andere zum Ausdruck kommt. Diese Frage bildete einen Grund für die Entscheidung, zusätzlich Besucherinnen und Besucher von Bürgerzentren (N = 200 Personen) zu interviewen und in diesen Interviews die Gestaltung der sozialen Beziehungen zu thematisieren. Es war deutlich erkennbar, dass Bürgerzentren in vielen Fällen erheblich dazu beitragen, das Gefühl der Integration und Teilhabe zu stärken; aus diesem Grunde lassen sich diese auch als Gelegenheitsstrukturen für die Verwirklichung des zentralen Bedürfnisses nach Angenommen-Sein sowie nach Mitgestaltung sozialer Beziehungen deuten. Dabei fiel auf, dass nicht wenige alte Menschen (Frauen mehr als Männer) in den Bürgerzentren die Möglichkeit sehen, etwas für andere Menschen zu tun, Sorge für und Sorge um andere Menschen zu praktizieren – was für eine mitverantwortliche Lebensgestaltung im Alter spricht, die sich einem inneren Bedürfnis und nicht äußerem Druck verdankt; dies wird auch in der Studie „Kreativ leben im Alter“ sehr deutlich. An vielen Stellen der vorliegenden Monografie wurde aufgezeigt, als wie bedeutsam viele alte Menschen die Reziprozität erlebter und praktizierter Sorge erachten, welche Bedeutung diese für Lebenszufriedenheit, Wohlbefinden und Lebensbindung besitzt. Diese zeigt sich in den Daseinsthemen „eine Aufgabe im Leben haben“ und „von anderen Menschen gebraucht werden“ sowie in deren Zusammenhängen mit verschiedenen Merkmalen psychischer Befindlichkeit. Diese Reziprozität bildet auch einen bedeutenden Aspekt soziemotionaler Selektivität. Dabei wird hervorgehoben,12 dass sich die Beziehungen im hohen Alter auf einen kleineren Kreis von Menschen konzentrieren, mit denen der Austausch von positiven Gefühlen möglich ist; hier ist vielleicht zu ergänzen: positiven Gefühlen, wie diese in reziproken Sorgebeziehungen gelebt werden können.
Ein Daseinsthema, dem besonderes Gewicht für die positive emotionale Befindlichkeit – in einem weiteren Sinne: für die psychische Widerstandsfähigkeit – beizumessen ist, bildet die Überzeugung, eine Aufgabe im Leben zu haben. Man könnte zunächst in der Begrifflichkeit der Existenzanalyse Viktor Frankls 13 konstatieren, dass sich Sinn oder Stimmigkeit in dem Maße einstellen, in dem das eigene Leben in den Dienst von etwas gestellt wird, was es nicht selbst ist, was außerhalb seiner Selbst liegt. Zu nennen wäre hier der Dienst am anderen Menschen, der Dienst an der Schöpfung bzw. an der Welt. Nicht selten wird der Aufgabencharakter des Lebens genau in dieser Weise von alten Menschen gedeutet. Aber nicht nur. Eine Aufgabe im Leben zu haben, kann im Selbstverständnis der Person auch bedeuten: Ich versuche, meine Selbstständigkeit möglichst weit zu erhalten, versuche, den Empfehlungen der Ärztin bzw. des Arztes zu folgen, oder versuche, mein Interessenspektrum aufrechtzuerhalten, weil ich weiß, dass dies meinem seelischen Befinden guttut. Die Analyse und Deutung von Selbstständigkeit in ihren vielfältigen (nicht nur rein funktionalen) Aspekten ergab unter anderem, dass Selbstständigkeit subjektiv auch als Form erfolgreichen Alterns wahrgenommen wird:14 als ein Erfolg insofern, als sich diese auch den kontinuierlich gezeigten Bemühungen um Aufrechterhaltung von Mobilität sowie von körperlicher und kognitiver Leistungsfähigkeit verdankt.15 Und diese Bemühungen können subjektiv durchaus im Sinne des Aufgabencharakters des Lebens interpretiert werden. Eine ganz ähnliche Bedeutung wie jene des Aufgabencharakters des Lebens besitzt die subjektive Überzeugung, von anderen Menschen gebraucht zu werden.16 Es handelt sich dabei um ein Merkmal, das schon in sehr frühen gerontologischen Veröffentlichungen als bedeutsam für Lebensqualität und Wohlbefinden im Alter gedeutet wurde und zudem in vielen Untersuchungen aus den vergangenen Jahren als eine zentrale Variable identifiziert wurde. Aber der Wunsch oder die Bereitschaft alter Menschen, ihre seelisch-geistigen Kräfte speziell in den Dienst junger Menschen zu stellen, muss bei diesen auch entsprechende Resonanz finden; 17 Generativität ist nicht allein an die Bereitschaft alter Menschen gebunden, mit Blick auf junge Menschen mitverantwortlich zu handeln; sie ist auch an die Bereitschaft junger Menschen gebunden, das mitverantwortliche Handeln alter Menschen als solches zu erkennen, anzuerkennen und zu nutzen. Eben dazu sind im öffentlichen Raum Gelegenheitsstrukturen zu schaffen, wie zum Beispiel Bürgerzentren. Die von uns besuchten Bürgerzentren sowie die in diesen durchgeführten Interviews haben uns in dem Eindruck bestärkt, derartige Gelegenheitsstrukturen auch für alte Menschen zu schaffen, wo doch die Generativität im hohen Alter nicht zurückgeht, sondern erhalten bleibt oder – als Ausdruck von symbolischer Immortalität – sogar noch an Intensität gewinnt; dies durchaus auch im Sinne einer memento mori-Struktur, wie sich diese mit wachsender Nähe zum Tod zeigt.18
Die mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des medizinischen, pflegerischen und psychosozialen Versorgungssystems geführten Interviews wiesen uns auf die Notwendigkeit hin, auch im Falle gravierender gesundheitlicher (körperlicher und kognitiver) sowie sozialer Verluste – die im hohen Alter vielfach Grenzsituationen im eigentlichen Sinne des Wortes bilden – nicht die Veränderungs- und Entwicklungspotenziale zu unterschätzen, wie diese im Falle von Rehabilitation, rehabilitativer Pflege, Psychotherapie und psychologischer Beratung sichtbar werden.19 Deutlich erhöhte körperliche, kognitive und emotionale Vulnerabilität schließt auch die Existenz schöpferischer Kräfte nicht aus, wie sich diese in der (inneren) Verarbeitung und (äußeren) Bewältigung der Vulnerabilität zeigen. Mit anderen Worten: Die Aussagen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind kongruent mit der in der gerontologischen Forschung akzentuierten Gleichzeitigkeit von Vulnerabilität und Reife.
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter kommunalpolitischer und administrativer Institutionen wie auch von Verbänden, Vereinen und Kirchen hoben gleichfalls die Notwendigkeit hervor, das höhere und hohe Alter nicht nur aus der Sicht eines modus deficiens – wie wir dies nennen würden –, sondern auch aus der Perspektive von Potenzialen – wie wir dies nennen würden – zu betrachten. Sie führten in den Fokusgruppen und in den Konsensgruppengesprächen viele Beispiele dafür an, dass Menschen im hohen Alter nach und nach mit körperlichen und kognitiven Verlusten konfrontiert sind – und zwar von Individuum zu Individuum in verschiedenartigem Maße und mit unterschiedlicher Geschwindigkeit –, dass aber angesichts der Verluste die gesellschaftliche Mitverantwortung nicht abnimmt, sondern – im Gegenteil – zunimmt: Gelegenheitsstrukturen zur Umsetzung der Potenziale sollten nicht nur im sozialkulturellen Bereich, sondern auch im medizinisch-rehabilitativen wie auch im pflegerischen und psychosozialen Bereich vorgehalten und weiterentwickelt werden.
Damit stehen wir wieder im Zentrum jenes Konstrukts, das uns schon im Vorwort beschäftigt hat: Selbstaktualisierung. Diese zeigt sich in körperlichen und kognitiven Veränderungsschritten ebenso wie in der inneren Verarbeitung von Grenzsituationen, schließlich in den Sorgebeziehungen zu anderen Menschen. Dieses Potenzial zur Selbstaktualisierung zu erkennen und dessen Umsetzung zu fördern, ist eine bedeutende Aufgabe einer altersfreundlichen Kultur.
Doch wurde in der vorliegenden Monografie auch die Frage gestellt, ob sich eine derartige altersfreundliche Kultur bereits ausgebildet hat oder sich wenigstens auszubilden beginnt. Die hier getroffenen empirischen Aussagen zu diesem Thema gründen auf Interviews mit Vertreterinnen und Vertretern von Zeitungen und Zeitschriften wie auch auf einer Analyse europäischer Tageszeitungen. Weiterhin wurden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des medizinischen, pflegerischen und psychosozialen Versorgungssystems wie auch aus Kommunen, Verbänden und Vereinen interviewt.
Diese Analysen legen die Annahme nahe, dass wir auf dem Weg zu einer altersfreundlichen Kultur erste Etappen zurückgelegt, diesen Weg aber bei Weitem nicht in Gänze beschritten haben. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Versorgungssystems beklagen, dass Alter immer noch primär im Sinne eines modus deficiens gedeutet wird, sodass sich auch rehabilitative und aktivierende Maßnahmen, die auf eine Förderung oder Wiederherstellung von körperlicher, kognitiver, alltagspraktischer und sozialkommunikativer Kompetenz (bzw. auf die Umsetzung entsprechender Ressourcen) zielen, immer noch nicht durchsetzen konnten: Gegenüber einer eher „klassisch“ konzipierten Versorgung, Betreuung und Pflege (die nicht mit modernen Rehabilitations- und Pflegekonzepten verwechselt werden darf, wie sich diese in der Wissenschaft schon lange durchgesetzt haben) befinden sich diese – was Anwendung und Durchsetzungsgrad anbelangt – im Nachteil. Auch im Hinblick auf eine umfassende und differenzierte geriatrische Diagnostik, Therapie und Rehabilitation finden sich bei Kostenträgern ebenso wie in einzelnen (aber einflussreichen) medizinischen Fachgesellschaften gewisse Vorbehalte: Statt Förderung von Altersmedizin in ihrer Eigenständigkeit als medizinische Fachdisziplin findet man nicht selten die Annahme, dass das dort gelehrte und zur Anwendung gelangende Wissen problemlos von anderen (Grund-)Disziplinen vermittelt werden könne. Eine psychotherapeutische und psychosomatische Diagnostik und Behandlung alter Menschen bildet bis heute eher die Ausnahme, obwohl das Freud’sche Diktum der mangelnden Plastizität ab dem fünften, sechsten Lebensjahrzehnt und die auch auf dieses Diktum zurückgehende Vorenthaltung psychotherapeutischer Versorgung im Alter schon seit vielen Jahren in ihrem empirischen Fundament als widerlegt gelten – selbst Freud hatte hervorgehoben, dass die Aussage, Menschen verfügten ab dem mittleren, vor allem aber mit Erreichen des hohen Erwachsenenalters nicht mehr über die für eine psychoanalytische Therapie notwendige seelische Plastizität, in dieser Verallgemeinerung nicht korrekt sei. Er sprach ausdrücklich von der Begabung (im Sinne einer stärker ausgeprägten Plastizität) nicht weniger Menschen zum erfolgreichen Durchlaufen einer psychoanalytischen Therapie auch im mittleren und hohen Erwachsenenalter: Entscheidend dafür sei die faktische psychische Plastizität, über die die Person verfüge und die ihr auch bewusst sei.
Die Skepsis, die wir bei Vertreterinnen und Vertretern des medizinischen, pflegerischen und psychosozial-psychotherapeutischen Versorgungssystems mit Blick auf eine ausreichend fundierte und differenzierte Versorgung alter Menschen erkennen konnten – verbunden mit der Klage darüber, dass sich eine altersfreundliche Kultur in praxi noch nicht wirklich habe durchsetzen können –, begegnete uns auch in Interviews mit Vertreterinnen und Vertretern von Medien; sie bestätigte sich schließlich auch in der vergleichenden Analyse europäischer Tageszeitungen. Die von uns ins Zentrum gerückte Fähigkeit alter Menschen zur Selbst- und Weltgestaltung und zur Verwirklichung schöpferischer Kräfte (sowohl im Hinblick auf die Persönlichkeitsgestaltung als auch im Hinblick auf Kreativität im Prozess der Erzeugung von Dingen und Ideen) wird in der medialen Darstellung von Alter nach wie vor zu wenig berücksichtigt. Die Bereitschaft alter Menschen, sich für unser Gemeinwohl unentgeltlich zu engagieren (im Sinne des bürgerschaftlichen Engagements), findet in zahlreichen Institutionen, die bürgerschaftliches Engagement vermitteln, noch immer viel zu geringe Resonanz.
Und dieses Einst, wovon wir träumen, es ist noch nirgends, als in unserm Geist – wir sind dies Einst, uns selbst vorausgereist im Geist, und winken uns von seinen Säumen, wie wer sich selber winkt Christian Morgenstern (1871–1914) |
In diesem von Christian Morgenstern verfassten Epigramm drückt sich eine Herausforderung aus, die als charakteristisch für unsere Gesellschaft angesehen werden kann: Denn diese steht vor der Herausforderung, eine tiefgreifend veränderte Sicht des Alters zu entwickeln, die ausdrücklich auch auf die seelisch-geistigen Kräfte in dieser Lebensphase Bezug nimmt und darstellt, in welcher Weise unsere Gesellschaft von der Nutzung dieser Kräfte profitieren könnte; hier sei noch einmal an die wichtigsten Aussagen der Studie „Kreativ leben im Alter“ erinnert. Wie in dieser Monografie deutlich gemacht wurde, sind die seelisch-geistigen Kräfte bei vielen alten Menschen beträchtlich – unter der Voraussetzung, dass sie unter Bedingungen aufgewachsen sind und auch im Alter leben, unter denen sich derartige seelisch-geistige Kräfte ausbilden und immer weiter verfeinern konnten. Im Gegensatz zu der in diesem Epigramm erhobenen Forderung stehen auch heute noch eher Verluste, Defizite und Belastungen akzentuierende kollektive Repräsentationen des Alters im Vordergrund öffentlicher Diskurse. Diese engen – indem sie offene oder verborgene Altersgrenzen verstetigen und fördern – nicht nur die Zukunftsperspektiven alter Menschen ein, sie tragen auch dazu bei, dass die potenziellen Kräfte des Alters gesellschaftlich nicht wirklich genutzt werden: Dies kann sich gerade eine alternde Gesellschaft nicht leisten. Ein Beispiel für derartige kollektive Repräsentationen bildete die von vielen politischen Entscheidungsträgern getroffene Aussage, in der Phase der Corona-Pandemie alte Menschen in besonderer Weise zu schützen, sprich: zu isolieren. Auch wenn der Schutz der Gesundheit ein hohes Gut darstellt (dies ist ja selbstverständlich und bleibt unwidersprochen), so konnte und kann es nicht angehen, alte Menschen pauschal als eine Risikogruppe zu klassifizieren und dabei in keinerlei Weise auf die ausgeprägte Heterogenität des Alters Rücksicht zu nehmen: Letzten Endes ist dies ein Akt der Demütigung. 20
Eine veränderte Sicht des Alters ist also notwendig, damit sich die in diesem Buch aufgezeigten Potenziale und Ressourcen im Alter in deutlich stärkerem Maße tatsächlich verwirklichen können. Zu dieser veränderten Sicht gehören ein differenziertes Menschenbild und ein umfassendes Verständnis der Person. Damit ist zunächst gemeint, dass der Alternsprozess nicht auf das körperliche Altern reduziert wird, sondern dass ausdrücklich auch dessen seelisch-geistige Dimension wahrgenommen und geachtet wird, wobei sich in dieser Dimension Entwicklungsmöglichkeiten bis in das hohe Alter ergeben. Damit ist weiterhin gemeint, dass die Verletzlichkeit und Endlichkeit des Lebens größere Akzeptanz in unserer Gesellschaft finden und überzeugende Formen des kulturellen Umgangs mit den Grenzen des Lebens entwickelt werden.
Im Falle der Entwicklung solcher überzeugenden Formen kann mehr und mehr Realität werden, was von Paul Celan in einem seiner Verse (die 1970 in seinem Nachlass gefunden wurden) wie folgt umschrieben wurde:
Ich lotse dich hinter die Welt Da bist du bei dir – Unbeirrbar, heiter Vermessen die Stare den Tod. Das Schilf winkt dem Stein ab – Du hast genug für heute Abend. Paul Celan (1920–1970) |
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Die in diesem Buch referierten und diskutierten Studien wurden zu einer Zeit durchgeführt, in der an die Corona-Pandemie nicht im Entferntesten gedacht wurde. Mit der Pandemie hat sich die innere und äußere Situation vieler alter Menschen deutlich verändert. Zum einen waren – und sind – sie mit dem Risiko einer Infektion konfrontiert, die vor allem bei hochbetagten Menschen zu schweren, wenn nicht sogar letalen Verläufen führen kann 21. Zum anderen mussten sie sich mit der im öffentlichen Raum immer wieder vorgetragenen Empfehlung auseinandersetzen, sich vermehrt zurückzuziehen und in Selbstisolation zu begeben, um sich und junge Menschen vor einer Infektion zu schützen. Bei dieser Empfehlung blieb es, während dringend benötigte soziale und kulturelle Angebote, mit denen die Folgen der Selbstisolierung hätten kompensiert werden müssen, ausblieben 22. Zum dritten waren gerade alte Menschen in stationären Pflegeeinrichtungen von gravierenden Einbußen der Lebensqualität, der Integration und der Teilhabe betroffen23. Viele Menschen in diesen Einrichtungen blieben Wochen oder Monate ohne Kontakte zu nahestehenden Menschen, die Beziehungen zu Familienangehörigen waren unterbrochen, nicht wenige starben in völliger Isolation und Einsamkeit 24. Der Deutsche Ethikrat hat in einer im Dezember 2020 herausgegebenen Ad-hoc-Stellungnahme zum Thema „Mindestmaß an sozialen Kontakten in der Langzeitpflege während der Covid-19-Pandemie“ auf die Notwendigkeit hingewiesen, dass Pflegeheime umfassend und nachhaltig darin unterstützt werden müssten, Schutz für die Bewohnerinnen und Bewohner zu bieten, ohne diese in ihren Freiheiten (zu stark) einzuengen. Zudem sei es gerade bei sterbenden Bewohnerinnen und Bewohnern unerlässlich, so der Deutsche Ethikrat, den Kontakt zu nahestehenden Menschen sicherzustellen. Schließlich sei ein breites Spektrum an stimulierenden, unterstützenden und begleitenden Angeboten zu unterbreiten.
Vor dem Hintergrund der mit der Corona-Pandemie verbundenen Zäsur stellt sich natürlich die Frage, ob die in diesem Buch berichteten Ergebnisse überhaupt noch Aktualität beanspruchen dürfen. Hat sich nicht, so könnte kritisch angefragt werden, durch ebendiese Zäsur die innere und äußere Situation alter Menschen in einem Maße verändert, dass auch die psychologische Analyse zwischen einem „Vorher“ und „Nachher“ unterscheiden müsste? Wir sind der Ansicht, dass bei der psychologischen Betrachtung des Alters nicht von der Pandemie abstrahiert werden kann. Diese flößte vielen alten Menschen – vor allem jenen in stationären Einrichtungen – Angst ein. Dies zeigen uns auch Erfahrungen aus Interviews, die wir in aktuell laufenden Studien des Instituts für Gerontologie geführt haben bzw. führen und in denen wir – unabhängig von der forschungsleitenden Fragestellung – vereinzelt ergänzende Fragen nach der Deutung der Pandemie wie auch nach der Bewältigung der Pandemiefolgen gestellt haben bzw. stellen. Es wäre aber einseitig, würde man die in der gerontologischen Forschung vor Auftreten der Pandemie gewonnenen Befunde relativieren. Denn, um das zentrale Konstrukt unserer Forschung anzuführen: Die in der Biografie ausgebildeten Daseinsthemen wurden und werden durch die Pandemie ja nicht „aufgehoben“; vielmehr kann davon ausgegangen werden, dass diese Daseinsthemen einen bedeutenden Teil des Erlebens- und Deutungshintergrundes der persönlichen Pandemie-Folgen bilden. Oder um ein anderes zentrales Konstrukt, nämlich jenes der Lebensbindung und Lebensbewertung zu nennen: Unter der Bedingung, dass auch in Zeiten der Pandemie zentrale Kriterien eines (aus der Perspektive des Individuums) „guten“ Lebens verwirklicht werden konnten, bestehen Lebensbindung und positive Lebensbewertung fort. An diesem Beispiel allerdings wird auch deutlich: Sind diese Kriterien nicht erfüllt, so gehen Lebensbindung und positive Lebensbewertung erkennbar zurück, was erhebliche Konsequenzen nicht nur für die psychische, sondern auch für die körperliche Gesundheit hat. Es stellt sich dann die anspruchsvolle seelisch-geistige Aufgabe, nach Rückgang des Infektionsrisikos und nach Rücknahme der Schutzmaßnahmen die persönliche Lebenssituation innerlich wie äußerlich so zu gestalten, dass die Kriterien eines guten Lebens (in Teilen) wieder erfüllt sind. Damit ist eine seelisch-geistige Anpassungs- und Gestaltungsaufgabe angesprochen, und die in diesem Buch vorgestellten Befunde können unseres Erachtens zu einem tieferen Verständnis jener inneren und äußeren Bedingungen beitragen, die Anpassung und Gestaltung beeinflussen.
An dieser Stelle sei auf aktuelle Studien hingewiesen, in denen neben der deutlich erhöhten Verletzlichkeit alter Menschen in der Pandemie deren psychische Widerstandsfähigkeit (Resilienz) nachgewiesen wurde. Das Korpus der Befunde rechtfertigt die Aussage, dass es vielen alten Menschen gelungen ist, mit den durch die Pandemie bedingten Krisen seelisch-geistig so gut umzugehen, dass die vormals positive Lebensperspektive aufrechterhalten oder wiederhergestellt werden konnte 25. Die im vorliegenden Buch berichteten Studien spiegeln eine Vielfalt von Lebensbindungen und positiv bewerteten Lebensbereichen wider, die – so unsere Annahme – alten Menschen durchaus geholfen haben könnten, die Pandemie innerlich wie äußerlich gut zu überstehen.
Allerdings sprechen die aktuellen Studien zu den psychischen Folgen der Corona-Pandemie für eine nicht kleine Anzahl alter Menschen, die in der Pandemie mit Lebensbedingungen konfrontiert waren, die Lebensbindungen geradezu infrage stellten und die die vormals positiv bewerteten Lebensbereiche immer mehr verdunkelten 26. Zu nennen sind hier vor allem Folgen der anhaltenden Isolation, aus der vermehrt Gefühle der Einsamkeit hervorgegangen sind. Wenn man bedenkt, wie groß auch den hier berichteten Studien zufolge die Bedeutung der sozialen Integration und Teilhabe, vor allem der Überzeugung, eine Aufgabe im Leben zu haben und von anderen Menschen gebraucht zu werden, für die Lebenszufriedenheit und das Sinn- oder Stimmigkeitserleben alter Menschen ist, dann lässt sich auch nach der Rezeption dieser Befunde unmittelbar folgern: Die durch die Pandemie hervorgerufene Isolation und Einsamkeit müssen erheblich zur vermehrten Verletzlichkeit beigetragen haben.
Es sei hier der vielen alten Menschen gedacht, die in Zeiten der Pandemie in Isolation und Einsamkeit gestorben sind oder die ihrerseits einen nahestehenden Menschen verloren haben. Es sei weiterhin jener Personen gedacht, die in Zeiten der Pandemie ein überaus hohes Maß an Verantwortung für die medizinisch-pflegerische Versorgung wie auch für die psychische Begleitung und soziale Teilhabe alter Menschen getragen haben.
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