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»Es ist nur ein Dorf«. Schwetzingen mit den Augen Leopold Mozarts.
11 Aug 2020
Anhang: Transkriptionen ausgewählter Quellen (Hiram Kümper)
a) Das Blühende Schwetzingen (Schwetzingen, Stadtarchiv, U 2)
Das Blühende Schwetzingen,
vorgestellt In Einem dankbahren Hirthen-Gespräch alß Nach Gnädigst Ertheilter Gerechtigkeit Der Erste Mark [!] alda feyerlich gehalten wurde.
Menalcas.
1.
Sag an, o Korydon, wie kommen wir zusammen
Allhier an diesem Ort, wo Glück und Freud regiert?
Verhehl mir nicht, [weil] wir beide ja zugleich herstammen
von treuer Schäfer Art, hierher vor Dich geführt?
Aus was vor Ziel und End findest Du Dich hier ein,
Was mag wohl dieser Sach die rechte Ursach sein?
2.
Ich auch zugleich an Dir eine neue Freud verspüre,
so Du niemal zuvor an Dir ließest blicken.
Die Quellen zeig uns an, wo solcher Lust herrühre,
damit wir auch mit Dir uns können erquicken.
Deine Stirn ohn Wolken ist, ja gantz ausgeheidert,
erwünschte Zufriedenheit Dein hertz erweitert.
3.
Weiß nicht, was ich sagen soll, also bin verrücket
In meiner Einbildung, wo ich nur immer hin
meine Auge Wende, so werde ich entzücket.
Ein jeder Augenwink verstöret meinen Sinn:
Des donnernden Gewehrs oft wiederholter Knall,
der Pauken und Trompeten angenehmer Schall.
4.
Der Schwarm von allen Orten ankommenden Leithen,
so ihren Reichthum in Schwetzingen feilstellen,
was will er zeigen an, was will er uns andeuten?
Erzähle, Korydon, uns Deinen Gesellen,
der allgemeinen Freud uns wollest teilhaftig machen,
daß wegen unserm Glück auch eins wir können lachen.
5.
Billig Euer Fragen ist, wills Euch nicht verbergen.
Doch wünscht ich, daß die Wort und meiner Reden Klang
gemäß gem Lob könnt sein und trutz den Frühlings-Lerchen
singten anstatt der Red ein süßes Lobgesang,
damit Karl Theodor, dahin die Red wird fallen,
nicht mit gemeinem Ton möcht in den Ohren schallen.
6.
Frag nicht lang, o Hirtenschar, wo die Freud herkomme,
Du weißt ja gar zu wohl, daß die durchleuchtige Sonne
Karl Theodor bei Dir in deinen Feldern wohne,
wie auch imgleichen des Pfältzischen Himmels Wonne
samt allen insgemein groß und kleinen Sternen,
die leuchten in der Näh und gar nicht von fernen.
7.
Durchleuchtigste Sonn der Pfaltz, mir wollest erlauben
die strahlen mit wenigen Versen zu preisen,
mit welchen Du pflegest uns gnädig anzuschauen,
Unsere Dankbarkeit in etwas zu erweisen.
Zu loben deine Gütigkeit, so Tag und Nacht
vor das Heyl des Vatterlands ohnermüdet wacht.
8.
Ohnlängst, da die Morgenröt das blaue Himmelsfeld
mit purpurroten Farben annehmlich malte,
und die aufgehende Sonn aufschlagen wollt ihr Zelt
an unserm Horizon spitze Berg bestrahle,
ging Schwetzingen dahin, wo zarte Zweig ausschlagen
und die bunte Wiesen der Flora Hoffarb tragen.
Korydon.
9.
Kaum hatte sie zurück ihre Mauren gelassen,
ein neues Schauspiel ihr vor denen Augen schwebt.
Die Fama gleich dem blitz fliehet vorbei die Straßen,
stoßt in ihr Horn, sodaß die ganze Gegend bebt:
Ladet alle miteinander zum neuen Jahrmark ein,
welcher zu Hembsbach wiederum der erste soll sein.
10.
Nicht sogleich Schwetzingen der Fama Wort vernommen,
als sie die alten Zeiten in Sinn zurück führt,
da auch auf seine Märk die Nachbarn stark sein kommen,
aus welche[m] Schwetzingen ein neues Leid herrührt.
Ach, sagt es weinend, wo seind die alten Zeiten,
da man auf meinem Mark bestes Vieh sah weiden!
11.
Aber da Martis Wut die gantze Pfaltz verheerte,
Bellona die Fackeln auf den Dächern pflantzte,
das flüchtige Glück alsdann mir den Rücken kehrte,
mit vergeßnen Aschen meinen Mark recht verschantzte.
Von da an sahe ich meinen Mark leer stehen,
das Glück hier rund vorbei und zu andern gehen.
12.
Kaum hatte sie das ausgered, sieht sie mit holden Wangen
die hohe Wachtsamkeit, so überall zugegen,
aus einer Wolke vorkommen, um sie zu empfangen,
das trauernde Schwetzingen mit seiner Gunst zu hegen.
Hierauff dann Schwetzingen mit Ehrerbietigkeit
bitt wiederumb zu erhalten die Markgerechtigkeit.
Menalkas.
13.
Worauf die Gütigkeit sich also ließ vernehmen:
Deine Bitt, o Schwetzingen, ich Dir gewähre,
Ja mehr geb, als Du begehrst, Dein Glück nicht zu hemmen,
mit zwei Märkten jährlich Dein Fortun vermehre.
Gehe hin und sehe zu, wie Du solche halten
mögest mit großem Nutz, denke auf Anstalten.
14.
Wessen Feder, wessen Zung wird können beschreiben
die Freud, so Schwetzingen hat ganz übergossen.
Vergnügenheit aus ihren Augen tat treiben,
dankbare Zähren, in welche sie zerflossen.
Tausend Glückwünsch Dir, o Gütigkeit, darstellet,
Der Freud die Dankbarkeit ziemet beigesellet.
15.
Unter solchen Regungen wiedrum zurück eilet,
die neue Zeittung überall zu rufen aus,
auf dem Weg die Freund macht Flügel, nicht verweilt,
eine allgemeine Lust sie stellt an zu Haus.
Die Weisheit, ersucht sie, möchte doch erwägen,
wohin am nützlichsten die Markttäg zu verlegen.
16.
Montag nach Jannis, so ist beschlossen worden,
[und] Montag nach Michaelis die Märk sollen sein.
Damit beste Waaren von allen End und Orten
täten beigebracht werden, sie alle ladet ein.
Das beste Pferd und Ochsen auf den Markt wer treibet, dem ein silbern Striegeln und Horn zum Lohn bleibet.
Tityrus.
17.
Was soll ich von Dir nun sagen?
Wie darf sich meine Dichtkunst wagen,
dich zu loben, Schwetzingen?
Hoch muß ich die Saiten treiben,
daß nach Wunsch könne beschreiben,
dein Lob nach Maaß erzwingen.
Dein Glück hat die Höhe erreichet,
keinem deren Flecken weichet.
Dies ist nun mein Fürbringen:
18.
O wohl beglücktes Schwetzingen,
Schönste unter denen Landes-Nymphen,
Du allein gefallen hast
Deinen Churfürsten vor allen,
weil sie schlagen allzumalen
hier auf die Sommer-Pallast.
Pflegen hier zu residiern,
wie auch zu divertieren,
hier haben sie ausgerast.
19.
Wann die Stern der Gärten leuchten,
die Tauperlein die Erd feuchten,
die Zephyri tun when,
wann die Aest der Bäumnen grünen,
der Frühling offnet seine Bühnen,
alles im Flor thut stehen,
wann die schon geblden Reben
Zär aus tausend Augen geben
Und an die Pfähl sich lehnen:
20.
Siehest Du auf Deinen Feldern
und nunmehro grünen Wäldern
den Hof-Staab hier kommen an,
wie die Bienlein sich ausgießen
auf die schön gemalten Wiesen,
wann der Frühling tritt heran
alle folgen ihren König,
vergessen des Winter Hönig,
keins will sein hintendran.
21.
Du des Pfältzers Löwens Rachen
siehst neuen Hönig machen,
verspürest dessen Süßigkeit.
Du siehest neue Schlösser bauen
in Deinen beglückten Auen,
merkest deren Herrlichkeit.
Bei dir neues Glück einkehret
und Deinen Reichtum vermehret
die neue Markgerechtigkeit.
22.
Schwetzingen, dann Dich erfreue,
fern von Dir all Leide seie.
Güldne Jahr sich zeigen.
Auch mit vielen deren Städten
darst Du in Vergleichung tretten,
keiner Du tust wichen.
Du hast zu den schönsten Zeitten,
was Dir andre tun beneiden,
die kürtz heißt mich nun schweigen.
Damoetas.
23.
Nun auf, ihr Hirten all, stimmt eure Saiten an,
ein Danklied spielet auf, strecket euer Kunststück dran.
Keine Verzagenheit allhier sich lasse süren.
Die Lieb und Dankbarkeit allein das Wort soll führen.
Den Vatter des Vatterlandes lobet all zusammen.
Erschalle bis an die Sterne der glorreiche Nahmen
Karl Theodor, die gemeine Freude zu mehren;
Und dessen Gütigkeit geziemet zu verehren.
24.
Singe nun, o Hirtenchor!
Finstrer Unstern Unglückslichter,
hüllet ein euere Nachtgesichter!
Unser Churfürst zu uns schicken
tut ganz neues Gnaden Blicken.
Vivat Karl Theodor!
25.
Durchleuchtigster Churfürst, Dein hohe Tugend-Strahlen,
mit welchen Du scheinst, kann keiner recht abmalen,
Dein Weisheit und Verstand all Redkunst übersteiget.
Niemand Dein Tugend kann nach Gebühr ausstreichen,
ehender das große Meer sich läßt in Gruben zwingen
als Deiner Tugend Lob mit wenigen Versen singen.
Drum mit Erkenntlichkeit vor Deinen Thron wir liegen,
das ganze Schwetzingen mit Demut sich tut biegen.
26.
Preise nun, o Hirten-Chor,
der die Völker weiß zu ernähren,
der Untertanen Glück zu mehren,
der wiederbringt Saturni Zeit
und neues Glück zu uns tut leiten:
Vivat Karl Theodor!
27.
Mit was vor Stirn dan darf sich die Dichtkunst wagen,
etwas von Deinen Eigenschafften sagen?
Wer will seine Augen zu jener Sonn hinwenden,
die mit ihrem Glantz auch Adlersgesicht tut blenden?
Verwunderung von uns erfordert das Stillschweigen,
um also unser Lieb und Ehrforcht zu erzeigen.
Aber die Danckbarkeit sich nit will stören lassen,
ihr Pflicht zu beobachten neuen Mut tut fassen.
28.
Wünsche dann, o Hirten-Chor:
Wie lang drehen sich und umtreiben
wird die goldne Sonnenscheiben,
wie lang der Mond die Stern wird weyden
auf den hellglänzenden Heyden,
so lang leb Karl Theodor!
29.
Erfreue sich nun jung und alt,
mit fröhlichem Jauchzen ihr Wolken erschallt.
Wünscht Karl Theodor langes Leben,
so diese Freude euch hat gegeben.
Vivat Karl Theodor!
Also wünscht der Hirten-Chor.
Das hohe Churhaus darnebne
in Ewigkeit soll leben.
Vivat!
b) Schwetzinger Marktprivileg von 1759 (Schwetzingen, Stadtarchiv, U 16 (Original) – ebd., B 246; Abschrift im Privilegienbuch; mit dem Original verglichen)
Von Gottes gnaden, Wir, Carl Theodor, Pfaltzgraff bey Rhein, des Heiligen Römischen Reichs Ertz-Schatzmeister und Churfürst in Bayeren, zu Gülich, Cleve und Berg Hertzog, Fürst zu Mörß, Marquis zu Bergen Opzoom, Graff zu Veldentz, Sponheim, der Marck und Ravensperg, Herr zu Ravenstein etc. Thun kund und fügen hiemit jedermänniglich zu wissen: Nachdem Uns Schultheiß, Bürger-Meistere und Gesambte Gemeind zu Schwetzingen unterthänigst gebetten, Wir aus Lands-Fürst-Vätterlicher Huld gnädigst geruhen mögten, dieselben und besonderen Privilegien und Freyheiten mildest zu begaben, daß Wir dahero sothanen Petito auf vorhero von Unserer nachgesatzten Chur-Pfältzischen Regierung, Hoff-Cammer, auch Ober-Ambt Haydelberg eingehohltes Gutachten, statt zu geben bewogen worden seyen, wie hernach beschrieben folget.
I.
Die Erhebung zum Marck-Flecken betrf.
Wollen Wir in ansehung Unserer zu Schwetzingen haltender Sommer-Residenz diesen Orth vorzugülich distinguiret wissen, und krafft dieser Ihme das Praedicat eines Marck-­Fleckens zulegen.
II.
Den Genuss des Weeg-Gelds betreffend.
Inmassen, das Schwetzinger Pflaster bereits der Commun mercklich zu stehen gekommen, auch dessen noch weiters nötige ausführung eben so fernern Aufwand erforderen wird, und demnächst dessen Unterhaltung nicht weniger beträchtlichen Theil jährlicher Kosten bedarff, so gestatten Wir, daß zu etwelcher Entgelt- und Unterstützung sothanen Aufwandts und Laster das Weeg-Geld eingeführet und solches auf dreysig Jahr derselben zugedacht; zu Vorbieg- und Vormeidung der darunter entstehen mögender un-Ordnung aber in der Maaß, gleich an andern Orthen üblich, dergestalt reguliret werde, daß von einem Wagen, so belanden, Vier Kreutzer, von unbeladenen Zwey Kreutzer, von beladenen Karch zwey Kreutzer, von unbeladenen Ein Kreutzer und nach dieser proportion von denen Chaisen eben so viel, hingegen von denen Güther-Wägen Acht Kreutzer zu erheben; davon aber übrigens alle zu Unserem Hoff-Laager gewidmete Führen, wie ingleichen die das Hoff-Laager besuchende inn- und auswärtige Standts- und Andere Personen auszunehmen seynd, fort hiernach der Weeg-Geld-Erheber zur genauesten Beobachtung, daß er keine Exaction gegen die Vorgeschriebene Weiß und Ausnahm begehen möge, anzuweißen ist.
III.
Den zur Helffte zu verleyhenden Zeitlichen Genuss des Um- und Accis-Gelds betreffendt.
Alldieweilen das Accis- und Umgeld erst kürtzlich wieder pro Bono Aerarii [= zum Wohle der Staatskasse] begeben worden, so hat es noch zur Zeit hierbey sein Vorbleiben.
IV.
Die Frohnenden und deren von Benachbarten zu thuende Concurrenz betrf.
Bey der aufhabenden ohngemessenen Frohnd-Schuldigkeit wird es zwarn zu vermeidung aller ansonsten darob entstehender praegravation übrigen Lantz-Orthen belaßen, dahingegen, weilen zur Zeit Unserere Hoffhaltung in Schwetzingen diese Gemeindts-Leuthe, als die nächsten zur Stelle, bey jeglichem Vorfall zu denen gar offt in geschwinde benötigten Hand und Spann-Diensten angezogen werden, mithin dardurch vor anderen weiteres entlegenen Orthen mehr beladen, noch hierunter den schicklichen raum und Zeit, wie jene haben, so verordtnen Wir, daß nicht nur zu denen in behueff der Hoffhaltung zeitlich ausschreibenden frohnden, die nächst angelagene Orthen Offtersheim, Planckstadt, Eppelheim und Brühl zu concurriren angehalten, sondern auch in denen auser der Zeit des Sommer-Hoff-Laagers vorkommenden fällen etweliches Einsehen mit der Gemeined Schwetzingen genohmen werden solle.
V.
Die Bürger-Aufnahme und deren Einzug-Gebühr, fort dessen Genuss betrf.
Belangend die Burger-Auffnahm und deren Einzugs-Gebühr, auch dessen Genuss wird es bey der durchaus Landsüblichen und selbst in Schwetzingen bereits hergebrachten Observanz belaßen.
VI.
Die Haltung eines ordentlichen Wochen- und Zweyer Jahr-Märcken, wie auch den Genuss des Stand- und Marck-Gelds betreffend.
Wird die Haltung eines Wochen- und Zwey Jahr-Märcken dergestalten verstattet, daß, nachdem die wagen der Jahr-Märcken allbereits verliehen Frey-Jahren verflossen, das abfallende Stand- und Marck-Geld, doch nur auf Sechs Jahr lang, der Commun angedeyhen solle.
VII.
Die erste Instanz und die Ausfautheylichkeit betreffend.
In gemäsheit der Untergerichts-Ordnung hat das gericht Loci über die vorkommende Klag- und Streit-Händel von minderen betrag und Vorwurff zu erkennen und zu sprechen, auch in ansehung, daß bey ausfautheylichen fällen die Inventur-Thailungen und dergleichen sothanen Officio anklebige Actus gar wohl und füglich zu abkürtzung des Kosten-Aufwands von Schultheiß und Gericht, deren doch ohnehin die Ausfauthen sich meistens zu gebrauchen pflegen, bewürcket werden können, in dabey sich ereignenden wichtigen Zweifflen und Anständen aber die Ober-Ambtliche obliegenheit subintriret, so hat inngleichen die Bevormund-, Inventur- und Theilungs-Sachen ersagtes Gericht zu besorgen.
VIII.
Die Zünfften betreffend.
In betreff deren dorth vorfindlichen Zünfften bleibet es bey dem herkommen; Nicht minder
IX.
Die Anord- und Haltung eines Gemeinen Wald-Schützens betrf.
Hat der Marck-Flecken Schwetzingen Fug und Macht, nach dem bisherigen Fuß zu beobachtung der gemeinen Waldungen einen Wald-Schützen anzuordtnen und zu bestellen.
X.
Die genießung deren Allmenten betrf.
Laßen Wir es bey genies- und Austheilung deren Gemienen Allmenten bey dem dort hergebrachten alt-üblichen Gebrauch lediglich bewenden.
XI.
Den Schatzungs ab- und Zugang betrf.
Wegen des Schatzungs-Ab- und Zugang hat es bey der gnädigst ergangenen General-­Verfassung sein Verbleiben.
XII.
Die befreyung von Beeth-, Atz- und Kelter-Kosten betrf.
Ist der Marck-Flecken Schwetzingen wegen an Uns überlaßenen sogenanten Schützen-­Garthens von Beeth-, Atz- und Kelter-Kosten wie zeither also fürderhin befreyet.
XIII.
Die gemeine Schäfferey betreffend.
Wie es dermahlen mit der Gemeinen Schäfferey gehalten wird, damit solle auch in Zukunfft continuiret werden.
XIV.
Die übermäßige anrichtung deren Gahr-Küchen, auch bier-, brandenwein- und Wein-Schäncken betrf.
Solle keinem erlaubet seyn, ein Gahr-Küchen, auch bier-, brandenwein- und Wein-Schanck zu halten, der sich nicht mit darzu eigends ermächtigten Churfürstlichen Hoff-Cammer-­Concession zu legitimiren vermöge.
Wir befehlen solchem nach Unserer Ober- und Unter-Beambten, auch bedienten hiemit gnädigst, daß sie eingangs erwehnte Schultheißen, Bürger-Meistere und Gesambte Gemeind offtgedachten Marck-Fleckens Schwetzingen bey vorstehenden von Uns ihnen gnädigst verliehenen Privilegien und Freyheiten gegen jedermänniglich schützen, schirmen und handhaben, auch darwider von keinem beschwehren laßen sollen.
Dessen zu Urkund haben Wir diesen Verlayungs-Brief eigenhändig unterschrieben und mit Unserem Churfürstlichen Geheimer Cantzley Secret-Insiegel bekräfftiget. So geschehen Mannheim, den Siebenzehenden Octobris Siebenzehen Hundert Neun und Fünffzig,
c) Kurfürstliche Lebensmittel-, Gaststätten- und Schankordnung für Schwetzingen von 1738 (Karlsruhe, Generallandesarchiv, 221/393)
Nachdeme Ihrer Churfürstlichen Durchleucht zu Pfaltz höchst mißfällig zu vernehmen vorkommen | daß seither Dero höchster Anwesenheit zu Schwetzingen die dasige Wirth | Gasthaltere | und andere Wein- und Bier verkauffende Bürgere die dorthin kommende fremde Passagiers und andere Persohnen sowohl in Kost | als Wein-Geben | und Nacht Quartieren auf eine gantz ohnerlaubte excessive Arth ansetzen | mithin ausserordentliche Zahlung von denselben forderen | Höchstgedachte Ihre Churfürstliche Durchleucht aber diese sträfflichen Ungebühr fernerhin nachzusehen gnädigst nicht gemeint seynd | anbey auch das dahier und in denen umliegenden Dorffschafften sich häuffig einschlagendes liederliches und Herren-loses Gesindel abzuhalten gnädigst wissen wollen; Als ist nachfolgendes Reglement und Verordnung disfalls gemacht | und mittels dessen allenthalbiger Affigirung unter Bedrohung der dabey bemerckter Bestraffung zu jedermanns Wissenschaft gemacht [handschriftlich gestrichten und überschrieben mit: publiciret] worden | als folget.
I.
Die Abhalt- und Vertreibung der in Schwetzingen sowohl als ausserhalb auf der Jagd und Reiger-Beitz sich einfindenden Bettleren und andern Gesindels betreffend; solle allen und jeden Unterthanen unter namhaffter Straff verbotten seyn | dergleichen Bettleren und liederlichen Gesindel keinen Auffenthalt und Obdach zu geben | sondern auch durch den expresse anstellenden Bettelvogt (welchem zu dessen Erkennung ein blauer Rock anzuschaffen ist) mit Beyhülff der täglich anzustellen seyenden drey Wächteren bestmöglichst hülfflich Hand zu bieten | sofort die Betrettende vor das Erstemahl unter Bedrohung empfindlicher Straff fort zu weisen | in Entstehung dessen und auf ferners Betretten dieselbe bey Wasser und Brod in die Betzen-Kammer | und im Fall auch dieses nichts verfangen solte | solche demnechst mit anderweither Straff als Stock-Schlägen zu bestraffen | mithin simpliciter fort zu weisen | und also die Bettelvogt zu dessen fleißiger Nachgelebung mit allem Nachdruck anzuhalten.
II.
Die Metzgere betreffend.
Sollen zu Schwetzingen zewy Fleisch-Schätzere angeodnet und verpflichtet werden | welchen dann alles Viehe | ehe und bevor es geschlachtet wird | von denen Metzgern zum Beischauen angezeigt und | da solche schlachtbar und gerecht befunden | nach der Schlachtung von ihnen nebst einem des Gerichts (welches diese wochentlich unter sich umgehen zu lassen) dem Einkauff und Beifnden der Güte nach taxirt, den taxirten Preiß mit Benennung jeder Gattung Fleisches auf eine Tafel verzeichnet und diese zur Nachricht der Kauffenden ausgehenckt werden.
III.
Die Beckere betreffend.
Sollen diese nach dem Mannheimer Tax, das Rocken- und Weiß-Brod in gleichem Gewicht und Preiß backen | die Brod-Wiegere alles Brod und Weck öffters und unversehens denen Beckeren nachwiegen | mithin das zugeringhaltige Brod confisciret und unter die Armen ausgetheilet werden.
IV.
Die Italiänere und Krämere betreffend.
Wird durch Schultheissen und Gericht zu verschiedenen mahlen das Jahr hindurch in denen Krahm-Läden die Waag | Gewicht und Ehlen pflichtmäßig zu visitiren und da an dergleichen etwas Betrügliches verspühret werden solte | der exemplarischen Bestraffung zu notiren seyn.
V.
Die Wirthe betreffend.
Sollen die Wirthe sowohl Schild- als Krantz-Wirthe unter willkühriger Straff gehalten seyn | ihre Nacht-Zettul mit Benahmung aller über Nacht habender Gäste | wessen Condition sie auch seyn mögen | ordentlich einzurichten | und solche nicht allzu frühe sondern etwa gegen 7. Uhr des Abends auf die Haupt-Wacht zu Conscribirung ohnfehlbar einzulieffern,
Folget die Verordnung wornach sich alle Wirth und Gastgeber zu achten haben. Als:
Auf eine Persohn | sie seye was Condition sie wolle | so keine Mahlzeit zehren will | sondern bloß eine Supp oder Gemüß | oder auch ein Stück Rind-Fleisch verlangt;
  1. Für ein geschmeltzte Supp vor eine Person 3 Kr.
  2. Suppen und ein Stück fleisch von einem Pfund 8 Kr.
  3. Gemüß und ein Stück Fleisch von einem Pfund 8 Kr.
  4. Gemüß ohne Fleisch | aber doch geschmältzt und so viel auf eine Persohn zu sättigen gehöret 3 Kr.
  5. Gemiene Fisch ein Pfund schwer 6 Kr.
Mahlzeiten.
Es sollen die Wirth oder Gastgeber gehalten seyn | bey Ankunfft der Gästen oder Reisenden Persohnen dieselbe auf diese Tax-Ordnung anzuweisen | und ihnen expresse frey zustellen | wie sie nach Unterschied der Tafflen | so hernach beschrieben | tractirt seyn wollen.
  1. Einem gemeinen Reisenden oder Handwercksmann | so in Compagnie speisen will | eine Supp | Stück Rind-Fleisch | ohngefehr 1 Pfund schwer mit einem Gemüß | darzu 1. Kreutzer Brod; oder an Fast-Tägen eine Supp und gemüß sambt einer Schüssel mit schlechten Fischen oder Stockfisch und vor 1 Kreutzer Brod | für welchen trockene Mahlzeit zu zahlen 10 Kr.
  2. Einer andern Persohn als Krämer | oder Burger | so von mehrerer Reputation und in Compagnie speisen wollen | eine Supp | ein Stück Rind-Fleisch | Gemüß mit einem Braten und nöthigem Brod; an Fast-Tägen aber eine Supp | Gemüß | ein Schüssel mit Stockfisch | gebrathene oder gekochte Fisch | mit nöthigem Brod | und solle jede Persohn sothane Mahlzeit zahlen mit 18 Kr.
  3. Beambten | Geistliche | Pfarrherren oder sonsten Bedienten | Kauffleuthe oder auch Cavaliers und dergleichen Persohnen | so von Reputaiton seynd | und in Compagnie zusammen speisen | sollen haben eine gute Suppen mit einem Stück Rind-Fleisch | Gemüß | eingemachte junge Hüner | Kalbfleisch | wie es die Jahres-Zeit gibt; Item einen Brathen von Hüner | Capaunen oder Kalb- und Hammel-Fleisch | auch zur Zeit anstatt dessen Wildprett oder Vögel | nebst nöthigem Brod | Butter und Käß | Aepffel | Biren; An Fast-Tägen aber eine gute Supp | Gemü | gesottene oder gebackene Eyer | Stock-Fisch oder Laperdon | gekochte Karpffen | Hecht oder Bärsche | wie auch gebrathene Fisch sambt einem guten Salat | vor welche Mahlzeit jeder in der Compagnie zahlen solle ohne Getränck 30 Kr.
Wein und Bier.
Das Getränck betreffend | solle vor jedem Wirths-Hauß eine Tafel ausgehenckt | und durch die geschworne Schätzere daran gezeichnet seyn | wie hoch dem Wirth in seinem Keller der Wein und Bier taxirt worden | und sollen die Gäste nach sothanem Tax das Getränck zahlen | damit aber auch die Schätzere hierinnfalls einige Regul haben | solle der Wein taxirt werden | wie folgt:
Eine Maaß von dem besten überrheinischen Weins 32 Kr.
Eine Maaß des mittleren überrheinischen Weins 24 Kr.
Eine Maaß geringeren überrheinischen Weins 16 Kr.
Eine Maaß Bergsträsser von dem Besten 20 Kr.
Eine Maaß mittelmäßigen Bergsträsser 16 Kr.
Eine Maaß geringeren Bergsträsser 12 Kr.
Eine Maaß Bruherheiner 10 Kr.
N. B. Dieser sehr hoch zu seyn scheinende Tax ist umb deswillen also regulirt worden | weilen allhier 3. Schoppen zu Mannheim und übrigen Chur-Pfältzischen Orthen eine Maaß ausmachet | sofort an statt anderer Orthen von dem Fuder respective 480 Eich- und 600 Schenck-Maaß verzappfet wird | allhier nur respective 300 Eich- und 450 Schenck-Maaß heraus kommt.
Eine Maaß gut Mertzen-Bier 5 Kr.
Eine Maaß Mittelmäßiges 4 Kr.
Eine Maaß schlecht Bier 3 Kr.
Haber.
Was den Haber belangt | weilen selbiger zu Zeiten theurer und zu Zeiten wolfeiler eingekaufft wird | also daß ein gewisser Tax nicht wohl nicht zu machen | also sollen die Wirthe von jedwederem Malter | wann es auf dem Marckt umb 2 Gulden oder umb einen Thaler verkaufft wird | mehr nicht zu Gewinn nehmen als 16 Kr.
Wofern aber das Malter Haber auf dem Marckt umb 1 Gulden verkaufft wird | soll der Wirth zu Gewinn nehmen 10 Kr.
Wann aber das Malter Haber auf dem Marckt zum halben Thaler oder darunter verkaufft wird | solle der Wirth mehr nicht zu Gewinn nehmen als 8 Kr.
Stall-Mieth.
Vor jedes Reisig- oder Fuhr-Pferd über Nacht | Heu und Stroh mit gerechnet 11 Kr.
So man aber Tag und Nacht verbleibet sambt Heu und Stroh 15 kr.
Ohne Stroh und Heu Tag und Nacht 4 Kr.
Schlaff-Geldt.
Vor Schlaff-Geldt bey Winters-Zeit | dafern jemand eine Stube absonderlich behalten will | vor Logiment, Holtz und Liechter auf jeden Tag und Nacht 16 Kr.
Zu Sommers-Zeiten aber 8 Kr.
Andere reisende Persohnen aber | so über Nacht | und in einem guten Beth schlafen wollen 4 Kr.
Diejenigen Persohnen aber | so kein Beth verlangen | sondern auf dem Stroh mit einem Kopff-Küssen oder Pülven in einer warmen Stub schlaffen 2 Kr.
N. B. Bey dieser Ordnung sollen die Wirth bey Verlust der Confiscation ihrer Haab und Güther zu verbleiben | auch selbige in allen ihren Stuben zu jedermanns Nachricht öffentlich auszuhencken schuldig und verbunden seyn | jedoch mit Vorbehalt und Gelegenheit der Zeit diese Ordnung zu mindern und zu mehren.
Mannheim, den 20. May 1738.
Anhang: Transkriptionen ausgewählter Quellen (Hiram Kümper)
a) Das Blühende Schwetzingen (Schwetzingen, Stadtarchiv, U 2)
b) Schwetzinger Marktprivileg von 1759 (Schwetzingen, Stadtarchiv, U 16 (Original) – ebd., B 246; Abschrift im Privilegienbuch; mit dem Original verglichen)
c) Kurfürstliche Lebensmittel-, Gaststätten- und Schankordnung für Schwetzingen von 1738 (Karlsruhe, Generallandesarchiv, 221/393)