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»Es ist nur ein Dorf«. Schwetzingen mit den Augen Leopold Mozarts.
11 Aug 2020
Vorwort
2019 jährt sich der Geburtstag Leopold Mozarts zum 300. Male. Aus diesem Anlass veranstalteten die Forschungsstelle »Geschichte der Südwestdeutschen Hofmusik« der Heidelberger Akademie der Wissenschaften und die Stadt Schwetzingen im städtischen Museum Karl-Wörn-Haus in Verbindung mit dem Historischen Institut der Universität Mannheim sowie dem Stadtarchiv Schwetzingen die Ausstellung »Es ist nur ein Dorf« – Schwetzingen mit den Augen Leopold Mozarts. Begleitend entstand der vorliegende Band, in dem nicht so sehr der Musiker, Komponist und Pädagoge, sondern der Zeitzeuge Leopold Mozart in den Fokus gerückt wird.
Den Aufenthalten der Mozarts in der Kurpfalz ist bereits viel Beachtung geschenkt worden, jedoch steht dabei vor allem der mehrmonatige Besuch Wolfgang Amadeus Mozarts mit seiner Mutter in den Jahren 1777/78 im Vordergrund. Die Anwesenheit der Familie Mozart in Schwetzingen im Sommer 1763 wird dagegen – auch bedingt durch die wesentlich schmalere Quellenlage – weitaus weniger umfänglich behandelt.1 Zudem stand bislang fast ausschließlich das höfische (Musik-) Leben im Zentrum des Interesses. Mit der Ausstellung und dem vorliegenden Begleitband wird der Blick insgesamt erweitert, vom Schloss auch auf das »Dorf«, wie Leopold Mozart Schwetzingen nennt, gelenkt.
Wie sah Schwetzingen in der Mitte des 18. Jahrhunderts aus? Welche gastronomische Infrastruktur fanden die Besucher hier vor? Was stand auf dem Speiseplan? Auch das sind Fragen, die Leopold Mozart in seinen Aufzeichnungen anspricht. Er war ein aufmerksamer, gut informierter und kritischer Beobachter seiner Zeit. Seine Korrespondenz gibt wie kaum ein anderes Quellenkorpus umfangreich Auskunft über Musiker und Institutionen in den europäischen Musikzentren der damaligen Zeit, hat aber auch Nebenschauplätze im Blick. Seine Briefe enthalten lesenswerte Nachrichten und Berichte zu musik- und kulturgeschichtlichen Themen, die journalistisches Niveau aufweisen. Um seine Qualitäten als Autor wusste er selbst. Gegen Ende seines Lebens schrieb er seiner Tochter: »Daß ich einen guten Zeitungschreiber hätte machen [werden] können, das mag wohl seyn«.2
So sind auch die Aufzeichnungen Leopold Mozarts über den Aufenthalt der Familie in der kurpfälzischen Sommerresidenz Schwetzingen im Juli 1763 von unschätzbarem Wert. Als einer der ersten überhaupt würdigt er die Ausnahmestellung, die die kurpfälzische Hofmusik in den 1750er Jahren erreicht hatte, wenn er schreibt »das Orchester ist ohne widerspruch das beste in Teutschland«.3 Dem Brief vom 19. Juli 1763 verdanken wir zudem weitere wichtige Informationen, etwa über die Dauer der Hofkonzerte (Akademien), für die sich kaum andere Quellen finden lassen. Darüber hinaus bieten die Aufzeichnungen aber auch eine bislang außerhalb der Musikwissenschaft kaum beachtete Fülle von Details zur Alltags- und Kulturgeschichte. Diesen Informationen gehen die hier versammelten ­Autoren verschiedener Fachrichtungen nach, setzen sie in Beziehung zu dem Wissen ihrer jeweiligen Disziplinen. Ausgangspunkte der einzelnen Beiträge bilden Kernsätze des ­Briefes vom 19. Juli 1763 sowie Stichpunkte aus Leopold Mozarts Reisenotizen, die ­Schwetzingen betreffen. Beide Dokumente sind in Faksimile und Übertragung in diesem Band wiedergegeben. Die Autoren beleuchten jeweils einen von Leopold Mozart erwähnten Aspekt, stellen ihn in den historischen Zusammenhang und erörtern die Hintergründe. So entsteht ein umfassendes Bild der kurfürstlichen Sommerresidenz des Jahres 1763, ein musikhistorischer Brennpunkt im dritten Viertel des 18. Jahrhunderts, mit den Augen ­Leopold Mozarts betrachtet.
Dieses Buch wäre nicht möglich gewesen ohne Unterstützung vieler. Zunächst seien hier die Autorinnen und Autoren genannt, die ihre Sachkompetenz und viel Engagement in das Projekt einbrachten. Besonderer Dank gilt dabei Lars Maurer, Leiter des Karl-Wörn-­Hauses, der das Projekt koordinierte. Der Internationalen Stiftung Mozarteum in Salzburg und den Reiss-Engelhorn-Museen in Mannheim sei für die unkomplizierte Kooperation gedankt. Außerdem möchte sich der Herausgeber bei Frau Hanna Knötzele für ihre Mitarbeit bei der Redaktion des Bandes und den Mitarbeitern von Heidelberg University Publishing für die Realisierung dieses Buches bedanken.
Schwetzingen, im Juli 2019
Rüdiger Thomsen-Fürst
Reviewing Editor
Rüdiger Thomsen-Fürst
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Text © 2020 by the authors.
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Editor
Rüdiger Thomsen-Fürst
Section Author
Rüdiger Thomsen-Fürst
Dr. Rüdiger Thomsen-Fürst studierte Historische und Systematische Musikwissenschaft sowie Neuere Deutsche Literaturwissenschaft in Hamburg. 1994 wurde er mit der Arbeit Studien zur Musikgeschichte Rastatts im 18. Jahrhundert promoviert. Seit 1996 arbeitet er als wissenschaftlicher Mitarbeiter in den Forschungsstellen Geschichte der Mannheimer Hofkapelle (1996–2006) und Südwestdeutsche Hofmusik (seit 2006) der Heidelberger Akademie der Wissenschaften. Seit 2009 nimmt er regelmäßig Lehraufträge am Musikwissenschaftlichen Seminar der Universität Heidelberg wahr.