Musiktheater im höfischen Raum des frühneuzeitlichen Europa. Hof – Oper – Architektur
27 Feb 2020
DOI: 10.17885/heiup.469
Braunschweig – Wolfenbüttel – Salzdahlum: Raum- und Opernkonzepte sowie Personal- und Aufführungsfragen
Kaum ein anderes Fürstenhaus hat eine derart interessante, weil heterogene Musikgeschichte geschrieben wie das Welfenhaus, dessen beide Hauptlinien, die Braunschweig-Wolfenbüttelsche mit Residenz in Wolfenbüttel und die Braunschweig-Lüneburgische mit Residenz in Celle bzw. Hannover, zwar territorial nahe beieinander lagen, sich aber doch sehr unterschiedlich entwickelten. Doch gab es eine wichtige Gemeinsamkeit: Beide Linien pflegten ihre Liebe zu Venedig und damit zum Operntheater, das seit 1637 zahlreiche Besucher in die Lagunenstadt führte. Schon in den frühen 1650er-Jahren hatte sich Venedig gleichsam als ein Außenposten der Welfenhöfe etabliert. Die Welfen unterhielten dort einen prächtigen Palazzo – die Ca’ Foscari, die noch im 18. Jahrhundert von Familienangehörigen genutzt wurde –, mieteten über Jahre hinweg teure Logen (manchmal sogar innerhalb einer Saison in fünf Theatern) und folgten dem Karnevalstreiben. Auch wenn es nicht en détail belegt werden kann, darf man wohl davon ausgehen, dass die meisten venezianischen Erstaufführungen in dem Zeitraum von 1655 bis 1685 zumindest von dem einen oder anderen Welfenfürsten besucht wurden.
Bei dieser Begeisterung für die Oper kann es nicht verwundern, dass sowohl in Wolfenbüttel als auch in Hannover alles Mögliche getan wurde, um dieses Vergnügen auch in Norddeutschland zu etablieren. Eine Besonderheit bietet die höfische Oper in Wolfenbüttel / Braunschweig insofern, als ihr gegen Ende des 17. Jahrhunderts nicht nur verschiedene Spielstätten zur Verfügung standen, sondern dank der zweimal jährlich in Braunschweig abgehaltenen Messe auch das zahlende Publikum mit einbezogen wurde. Hierdurch stellt sich uns heute die Braunschweiger Oper als eine Mischung von höfischer Oper – da das Opernhaus nach wie vor ein herzogliches Haus war – und der öffentlichen Oper dar, wie sie parallel in Hamburg florierte. So plausibel eine Fokussierung auf die Anfänge dieser vielfältigen Opernlandschaft auch sein mag, so wird eine solche doch durch zahlreiche massive Defizite erschwert:
- Es sind so gut wie keine Opernpartituren aus der Zeit zwischen 1684 und 1700 erhalten, die einem dieser Spielorte zweifelsfrei zugeordnet werden könnten.
- Offenbar sind auch nicht zu allen Opern der fraglichen Zeit Libretti erhalten geblieben,1 wie sich aufgrund neu aufgefundener Dokumente belegen lässt.
- Dokumente, die das Musikleben in Wolfenbüttel / Braunschweig für diesen Zeitraum erhellen könnten, fehlen fast gänzlich. Wir haben nicht einmal für alle diejenigen, die in dieser Zeit das Amt des Kapellmeisters bekleideten, dokumentarische Nachweise. Bei denen, die mit Sicherheit diese Funktion ausübten, bleiben die genauen Amtszeiten im Dunkeln.
- Nicht zu allen hier zu betrachtenden Theatern liegen eindeutige Beschreibungen vor, was umso misslicher ist, als keine der Spielstätten in ihrer originalen Gestalt überdauert hat.
Aufgrund dieser Defizite müssen manche der nachfolgenden Ausführungen hypothetisch bleiben. Doch gerade der Versuch, ein wenig Licht in das historische Dunkel zu bringen, kann auch als eine Herausforderung verstanden werden, die häufig stärker motiviert als das Nacherzählen bereits bekannter Sachverhalte.
Die Errichtung einer möglichst vielfältigen Theaterlandschaft rund um den Hof von Wolfenbüttel verlangte – was zu allen Zeiten mit zahlreichen Problemen verbunden ist – großen finanziellen Einsatz. Da musste wohl schon ein sehr starkes Repräsentationsbedürfnis hinzukommen, das Herzog Rudolf August, der ab 1666 nach dem Tode seines Vaters Herzog August die Regierungsgeschäfte übernahm, gar nicht gehabt haben soll; er war, wie es scheint, eher der Jägerei als der Musik zugetan. Allerdings entwickelte er eine rege Bautätigkeit, die letztlich den Plänen seines jüngeren Bruders, Herzog Anton Ulrich, sich mit der Errichtung von Operntheatern ein wenig Venedig in den Norden zu holen, förderlich gewesen sein dürfte.2 Zumindest bei der Beschaffung der Mittel waren beide Brüder in gleichem Maß aktiv, wie eine Urkunde zur Absicherung der aufzunehmenden Kredite für das neue Opernhaus von Braunschweig vom 9. März 1690 erkennen lässt. So haben
»Wir zu mehrerm ansehen
aufnahm und Wolstand Unserer Stadt
Braunschweig für gut befunden, daß daselbst
ein besonderes großes gebäude angerichtet,
und mit allen darzu erforderten Stücken solcher=
gestalt aptiret und versehen werden möchte,
damit darin beÿ denen Meß=Zeiten einige
Operen oder Sing=Comœdien so wol zu der
fremden Herrschafft als aller anderer auf
die Messen kommender Persohnen ziemlichem
divertissement præsentiret und vorgestellet
werden könten; Solche anstalt aber so wol
wegen der schwehren bau=Kosten, als auch der
erforderten vielen Machinen, Kleidungen
lichtern und anderen nöthigen sachen, nicht we=
niger wegen der dabeÿ unterhaltenden Voca=
listen, Musicanten und anderer gehülffen
einen ansehnlichen Verlag erfordern wollen.«3
Einige Jahre zuvor hätte man in Braunschweig gewiss nicht einmal zu träumen gewagt, dass die Oper in dieser Region ab den späten 1680er Jahren derart gedeihen könnte und das Herzogtum zumindest in dieser Beziehung keinen Vergleich zu anderen zu scheuen brauchte. Im Jahre 1667 nämlich hatte Rudolf August die Hofkapelle aufgelöst und nur einige wenige Musiker behalten. Hierzu gehörten neben den Trompetern und Paukern, die auch weiterhin zu Präsentationszwecken benötigt wurden, der Tanzmeister Roboam de la Marche, die Organisten Andreas Körner und Sylvester Hanecke sowie der Hofkantor und Musicus Simon Hässelius. Letzterem wurde Anfang 1669 gekündigt, wenig später auch dem einzig verbliebenen Violinisten, Ambrosius Scherle. Der Musikant und Maler Kilian Fabritius musste bereits 1668 abdanken und verstarb noch im gleichen Jahr.4 Bis etwa 1683 fiel die Hofkapelle in eine Art Dornröschenschlaf. Danach bestand die Kapelle, wie wir einer neu aufgefundenen Aufstellung, in der das Personal von 1682 mit dem von 1684 verglichen wird (vgl. Anhang I), entnehmen können, 1684 auch nur aus dem Kapellmeister, einem Tanzmeister, vier »violisten«, einem Bassisten, einem Altisten und dem Hoforganisten5 – oder, wie es eine andere Aufstellung sagt – aus »Ein Tantzmeister | 6 frantzösche Musicanten | Ein Cappaune | Ein Italienscher Geistlicher | Der Hoff Organiste Körner.«6 Vom Kapellmeister ist 1682 noch ebenso wenig die Rede wie in den Kammeretats oder den dazugehörigen Designationen aus demselben Jahr; vielmehr wird aus dem Vergleich deutlich, dass 1682 der Hoforganist noch alleine die musikalischen Aufgaben zu bestreiten hatte. Im Jahre 1684 jedenfalls bekleidete Johann Rosenmüller nach Auskunft einer weiteren Aufstellung das Amt.7 Ob er freilich wirklich schon, wie inzwischen meist vermutet, bereits 1682 in Wolfenbüttel angestellt war, erfahren wir dadurch nicht.8 Vieles spricht aber dafür, dass die Hofkapelle erst 1684 oder allenfalls bereits im Herbst 1683 im Zuge eines z. T. neustrukturierten und von 145 auf 180 Bedienstete erweiterten Hofstaates eingesetzt wurde.9 Ob diese Neustrukturierung und Erweiterung des Hofes auf Herzog Anton Ulrich zurückgeht, der dann ein Jahr später schließlich zum gleichberechtigten Mitregenten neben Herzog Rudolf August werden sollte, lässt sich nicht belegen, dürfte aber wahrscheinlich sein.10
Wie konnte man mit diesen wenigen Musikern die ab 1684 in Wolfenbüttel bzw. Salzdahlum nachweislich stattfindenden Opernaufführungen adäquat besetzen? 1684 und 1685 sind immerhin Aufführungen von zwei »Singespielen« sowie einer Oper von Jean-Baptiste Lully, die Proserpine, nachweisbar;11 von letzterer ist allerdings kein Libretto erhalten, das uns über Besetzung u.ä. der Wolfenbütteler Aufführung Auskunft geben könnte. Der beständige Orpheus, der anlässlich der Eheschließung zwischen Augusta Dorothea und Anthon Günter II. von Schwarzburg-Sonderhausen 1684 »Auf dem Lust=Hause Saltzthalem« gegeben wurde, und Davids und Jonathans treuer Liebe Beständigkeit (1685) vielleicht auf einen Text von Anton Ulrich, für deren Musik dann wohl Johann Theile verantwortlich zeichnete, helfen bei der Besetzungsfrage etwas weiter. Zwar schweigt sich das Libretto des zweiten Singspiels leider über dessen Aufführungsort aus, doch wird erkennbar, dass das normale Kapellpersonal für eine einigermaßen adäquate Aufführung wohl eigens aufgestockt werden musste, denn beide Singspiele besetzen immerhin zehn Rollen und verlangen mehrere Chöre. Die Hinzuziehung von externen Sängern ist freilich auch in den 1690er-Jahren wohl eher die Regel als die Ausnahme, insofern wird man es zu dieser frühen Zeit nicht anders gehalten haben. Sparsame Szenenwechsel und der Verzicht auf Maschinen jeglicher Art beim zweiten Singspiel ermöglichen eine Aufführung ohne aufwändige Bühnenkonstruktion. Im beständigen Orpheus allerdings fliegen Phoebus mit seinem Wagen (I/5) und wenig später Mercurius (I/10) durch die Luft und ein Gewitter (I/7) entsteht, welches den Berg Haemus spaltet. Auch eine Meerschlange »kompt auß der See herfür« (III/7). Da das berühmte Salzdahlumer Schloss zu diesem Zeitpunkt noch nicht einmal in Planung war, erstaunt der im Libretto angegebene Aufführungsort und vor allem die Tatsache, dass in Salzdahlum offenkundig Flugmaschinen zum Einsatz kommen konnten. Da Anton Ulrich bereits in den 1660er-Jahren in Salzdahlum Grundbesitz zu erwerben versuchte und es im Dezember 1672 endlich gelang, dort ein größeres Gut in seinen Besitz zu bringen, bestand zumindest ab diesem Zeitpunkt, spätestens aber ab 1681 die Möglichkeit, dieses »Lust-Haus« zur allgemeinen Repräsentation und entsprechend auch zu Opern-Präsentationen zu nutzen. Leider liegen zu dem wohl von Anton Ulrich ausgebauten Gut keine Beschreibungen vor, doch führte der Umstand, dass hier Flugmaschinen einsetzbar gewesen sein sollen, bereits zu verständlichen Irritationen.12
In welchen Räumlichkeiten Proserpine sowie Lullys Psyché und Thésée in den Jahren 1686 und 1687 aufgeführt wurden, wissen wir nicht genau,13 denn der große Festsaal wurde erst zwischen 1695 und 1697 in einem neuen Flügel des Schlosses fertig. Es wurde daher meist angenommen, dass ein Raum im zweiten Obergeschoss eines Flügels des Wolfenbütteler Schlosses genutzt wurde, der sich aber letztlich als ein fürstliches Schlafzimmmer entpuppte.14 Plausibler scheint insofern die von Horst Richter mitgeteilte These des Wolfenbütteler Kunsthistorikers Friedrich Thöne,15 die Opern seien außerhalb des Schlosses in einer Reithalle dargeboten worden. Allerdings waren in beiden Opern Flugmaschinen vorgesehen (in Psyché kommt Venus auf einer Wolke heruntergeschwebt und ein Himmelswagen erweitert zusätzlich die Szene; in Thésée nutzt Apollo den Himmelswagen. Auch der fliegende Drache dürfte entsprechende Maschinen benötigt haben). Ähnliches gilt für Antonio Gianettinis ebenfalls 1686 aufgeführte Hermione, in der sich der Himmel öffnet und Mars heraustritt. Zudem wurde auf Veranlassung von Herzog Anton Ulrich dieser Oper ein Ballett hinzugefügt, das der Repräsentation des Hofes diente.16 Ob das alles in der Reithalle umsetzbar war, bleibt fraglich.
Etwas besser unterrichtet sind wir über das Wolfenbütteler Opernhaus, das 1688 nach nur einjähriger Bauzeit fertiggestellt wurde und gewiss vor allem gegenüber der Hannoveraner Verwandtschaft das Erstarken der Braunschweig-Wolfenbüttelschen Linie (das Neue Haus Braunschweig) demonstrieren sollte. Hierzu passt bestens, dass das neue Theater mit Antonio Gianettinis Medea eröffnet wurde, dessen Hermione ja zwei Jahre zuvor bereits in Wolfenbüttel erklungen war. 1685 und 1686 nämlich hatte der Hannoveraner Verwandte, Herzog Ernst August, in Venedig eben jenen Gianettini zum dortigen fürstlichen Kapellmeister verpflichtet – und unmittelbar darauf wurde dieser möglicherweise von Wolfenbüttel abgeworben. Ob er freilich unter Anton Ulrich dort auch eine feste Anstellung erhielt, wie dies Chrysander offenbar vermutete,17 bleibt fraglich, da keine direkten Spuren seiner Anwesenheit in Wolfenbüttel zu finden sind. Immerhin könnten die erstaunlich zahlreichen Kompositionen von ihm, die in der Murhardschen Bibliothek in Kassel bzw. in der Sammlung Österreich / Bokemeyer nachgewiesen sind,18 auf seine Anwesenheit in Wolfenbüttel deuten. Ein weiteres Indiz ist eine erhalten gebliebene Beschreibung der Theatereröffnung, der auch die einzigen Informationen zum neugebauten Theater zu verdanken sind. Weil im »Commoedienhause« von Hannover keine Opern gegeben werden können,
»so wird ein absonderliches Operenhauß an’s Schloß erbawet, worzu ein burgerlich Hauß pro 4500 Thlr bereits erkauffet worden ist, und seynd ebendeßwegen und umb Opera zu sehen, die Herren Hertzogen zu Wolffenbüttel beysammen gewesen, alß woselbst bereits ein Operenhauß, so in 76 Schuh [ca. 22 m] in die Breite und in die Länge 172 Schuh [ca. 49 m] hat, und allemahl 5500 Liechter erfordert und 2500 Personen in seine Logen einnehmen kan, in seiner Vollkommenheit stehet. Die darinn newlichst gehaltene Opera wird sehr wegen wundersamen Machinen geruhmet, und ist unter andern, wie mir der Inventor deren, so eben [uff be]fehl von Wolffenbüttel dahin kam, er[zählet], ein Chaos, dann die Elementa, Wolken, … und eine Person daherauß kommend, … ein Plitz wieder zurückgezogen (?), … ere verschwindende Personen, praesentiret … welche Opera über 5000 Rthlr ge[kostet ha]ben soll. […]
Der sage nach seynd Ihro Hochfürstl. Durchl. von des Herrn Hertzogen Anthon Ulrich Durchl. nacher Wolffenbüttel invitiret worden, umb Dero die schon gemeldte Opera alß eine rare sache noch einmal exhibiren zu laßen; ob nun S. Hochfürstl. Durchl. dahin werden mitgegangen seyn, wird die Erfahrunge geben.«19
Dass bei dieser Medea zudem als Sänger ehemalige Bedienstete des Hannoveraner Hofes eingesetzt wurden,20 mag ebenfalls dahin gedeutet werden, dass Wolfenbüttel Hannover den Rang abgelaufen hatte oder zumindest ablaufen wollte. Über die im obigen Dokument angesprochenen »wundersamen Machinen« können wir freilich nur spekulieren. Jedenfalls ermöglichten sie offenkundig ein mehrdimensionales Bühnenspiel. So finden sich im zweisprachigen Libretto zur Medea, abgesehen von den im Bericht Eduard Bodemanns angesprochenen Maschineneffekten, noch folgende Szenenanweisungen: »Nach einer prächtigen Music kommet Jupiter auf einem Adler geflogen« (Prolog), »Die vier Elemente so auf der Kugel gesessen fliehen von einander / und Jupiter in die Höhe« (Prolog), »Bey dem Krachen eines Donnerschlages zertrennet sich eine Wolke / und erscheinet die Medea auff einen Wagen von zweyen höllischen Drachen gezogen« (II/20), »Das Grab mit dem Cörper versinket in die Erde / und Medo steiget mit der Medea in das Schiff / und fahren davon« (II/21).
Giovanni Antonio Borettis Oper Ercole in Tebe wurde im August 1688 ins Programm genommen und stand hinsichtlich des Maschinenaufwandes nicht zurück: »Hercules kommet auff einen prächtigen Wagen / so von zween Löwen gezogen wird« (I/1), »Es kommet ein Donner mit einem Erdbeben / und gibt sich ein stück Berges ab. […] Hercules hält den Berg biß Sipho vorbey / und läst ihn alsdann fallen / da man dann in der Tieffen die Hölle siehet« (I/21). Nur in der deutschen Zusammenfassung der Oper findet sich eine Beschreibung des »Ballo«, der den 1. Akt beschließt: »Auß der Hölle kommet eine Schild=Kröte darauß Zwerge werden / welche tantzen / hinten kommen Reuter so mit der Schilt=Kröte streiten und sie endlich verjagen / werden aber selbsten von Riesen so dazukommen mit sampt den Pferden weggetragen.« In der 9. Szene des 2. Aktes fahren Theseus und Charon mit dem beinahe obligatorischen Schiff davon. In dem der nächsten Szene folgenden Ballo entsteigen drei Furien »einem Walfisches=Kopffe und tantzen«. In der 12. Szene kommt Venus »auff einer hellglänzenden Wolcken umbgeben mit Cupidons«.
Dass diesen Opern eigens Ballettszenen eingefügt und sie durch ein Grand-Ballet beschlossen wurden, bei denen sich der Adel angemessen präsentieren konnte, sei nur vermerkt, da ich mich an anderer Stelle über diese Modifikationen bereits geäußert habe.21
Hatten die neuen Maschinen zunächst einmal die Fantasie beflügelt, so verwundert die Zurückhaltung bei deren Nutzung zu Beginn der 1690er-Jahre. So wurde für die 1692 erfolgte Wiederaufführung von Gianettinis Medea allenfalls noch eine Flugmaschine (?) für Medeas von zwei Monstern gezogenen Wagen erforderlich, da der Prolog entfiel. Keine der ebenfalls 1692 aufgeführten Opern von Clemente Monari, der im Libretto seiner La Libussa im übrigen als »Maestro di Capella | di | S. A. S.« bezeichnet wird, benötigt eine aufwändige Bühnenmaschinerie; allenfalls in Gl’Amori innocenti nutzt Daliso »un batello« (II/7). Dabei hatten Monari bei der Komposition seiner Opern und der Textdichter Flaminio Parisetti bei der Erfindung seines Plots sicherlich alle Möglichkeiten, sich auf die technische Ausstattung der Bühne einzustellen. Allerdings brachten beide offenbar Material aus Modena mit. Bei Monaris Muzio Scevola jedenfalls ist auffällig, dass einige Arien aus Giovanni Legrenzis Eteocle e Polinice stammen, die beide, Monari und Parisetti, 1690 bei der Aufführung in Modena in der Einrichtung des Legrenzi-Schülers Gianettini kennengelernt haben könnten.22 Oder wurden die Wolfenbüttler Bühnenmaschinen gar aus Kostengründen im neuen Operntheaterbau in Braunschweig weiterverwendet? Jedenfalls wird in allen bis 1700 im fürstlichen Theater zu Wolfenbüttel aufgeführten Opern (Salzthalischer Mayenschluss 1696, Streit der Ehre und Liebe 1697, Alessandro Scarlattis Il figlio delle selve 1700) auf den Einsatz von Maschinen verzichtet. Die ersten beiden wurden im Übrigen auch in Salzdahlum gegeben. Natürlich ließ sich auch bei dem Ballett Die sich erfreuenden Jahreszeiten problemlos auf dergleichen verzichten. Eine Sonderstellung nimmt der Tempel der Tugend und Ehre zum Geburtstag von Anton Ulrich ein. Dieses Ballett mit anschließender Wirtschaft wurde, glaubt man dem Libretto, im Wolfenbüttler Schloss aufgeführt.
Auf das neue Operngebäude in Wolfenbüttel jedenfalls hatte die Verwandtschaft in Hannover bald schon mit ihrem 1689 prächtig eröffneten fürstlichen Opernhaus reagieren können. Doch legten die Wolfenbütteler rasch nach mit dem 1690 fertiggestellten Opernhaus in Braunschweig, für dessen Bau der Bauvogt Hermann Korb verantwortlich zeichnete, der nach Ausweis der Opernrechnungen 1695 (vgl. Anhang III) auch weiterhin für das Opernhaus Arbeiten zu verrichten hatte.23 Beide Theater, das Braunschweiger wie das Hannoveraner, werden von unterschiedlichen Zeugen übrigens gerne im direkten Vergleich beschrieben.24 Wie dem auch sei: Die zum Teil enthusiastischen Beschreibungen des Braunschweiger Hauses lassen vermuten, dass es sich mit der Konkurrenz in Hannover, aber auch in Hamburg durchaus messen lassen konnte. Da Herzog Anton Ulrich inzwischen mit Johann Oswald Harms einen der besten Bühnenmaler und -ausstatter und mit Friedrich Christian Bressand einen der besten Librettisten und Intendanten gewonnen hatte, waren erfolgreiche Aufführungen fast schon garantiert.
Dass in Braunschweig die Bühnenmaschinerie fast immer zum Einsatz gekommen ist, bisweilen – wie etwa in Procris und Cephalus – in unglaublicher Dichte, belegen die Libretti der nachfolgend gegebenen Opern. Noch zwanzig Jahre später rühmte Friedrich von Uffenbach das Haus und zugleich auch die Bühne »mit allen ersinnlichen Decorationen, Maschinen und Erleuchtungen«.25 Ralf Eisinger gibt zudem an, dass die Bühne so tief war, »daß sie mehr als die Hälfte des ganzen Hauses einnimmt, eine für das Barock charakteristische Raumdisposition«.26 Dass gerade auch diese Bühnentiefe für Bühneneffekte genutzt wurde, belegt etwa Giovanni Battista Alveris Il Rè Pastore vom Februar 1691, wo es in der 10. Szene des II. Aktes heißt: »S’aprono due porte, che sono nel fondo del Teatro, e per una si vede il Gabinetto Reale di Ghinicea, per l’altra si vede il suo letto«. Das scheint doch zumindest ein Spiel mit den Tiefendimensionen widerzuspiegeln. Ähnlich nutzt auch Kriegers Wettstreit der Treue die Bühnentiefe im II. Akt, Szene 10: »Der Prospect öffnet sich / und verlängert diesen Garten / welcher durch und durch mit anmutigen blumen=töpfen ausgezieret ist.« Noch deutlicher wird dies in Keisers Procris und Cephalus von 1694; mitten in der 14. Szene des II. Aktes nämlich heißt es: »In dem hintersten grund der höle geschiehet eine plötzliche öffnung / durch welche man als in einem gesichte / in höchster klarheit / den Cephalus unter vielen Frauenzimmer mit verliebten gebärden sitzen siehet.« Und wenig später, noch in derselben Szene, sieht man »Durch die öffnung der höle […] den Cephalus todt auf einer bahre liegen«.
Dergleichen Bühneneffekte weisen die für Aufführungen in Salzdahlum geschriebenen Opern nicht auf. Im Gegenteil: Es sieht den Libretti zufolge ganz so aus, als habe Anton Ulrich beim Bau seines Schlosses, das gewiss auch eine Reaktion auf die 1692 erfolgte Erteilung der Kurwürde an die Hannoveraner Verwandtschaft darstellt, auf teure Bühnenmaschinen vollständig verzichtet. Selbst die Szenenbilder blieben auf das Allernotwendigste beschränkt. Es ist entsprechend kein Wunder, dass die hier aufgeführten Opern zumeist auf arkadische Thematiken und Schäferidyllen komponiert wurden,27 bei denen die angestrebte »Natürlichkeit« den Einsatz von äußeren Effekten geradezu verbietet. Wie Sara Smart zu Recht konstatiert, wurde Salzdahlum zum bevorzugten Ort »for the festivities based on a pastoral or arcadian theme«.28 Ob damit allerdings wirklich die Entfernung vom Repräsentationsgeschäft der Braunschweiger Oper angestrebt wurde, wie Smart im Weiteren vermutet, sei dahingestellt. Mit Sicherheit jedenfalls hat die Bevorzugung dieser eindimensionalen Stoffe auch mit den (reduzierten) Möglichkeiten der dort vorhandenen Bühne zu tun.
Ein ähnlich glückliches Händchen wie bei der Besetzung von Intendant, Textdichter und Bühnenausstatter scheint Herzog Anton Ulrich bei der Besetzung der Musiker nicht gehabt zu haben. Zwar gaben sich auch hier namhafte Komponisten die Klinke in die Hand. Die meisten Kapellmeister aber – darunter Johann Theile, Johann Sigismund Cousser, Clemente Monari und vielleicht auch Reinhard Keiser – konnte der Herzog nur kurze Zeit an seinem Hof halten.
Bei Keiser ist nicht einmal sicher, ob er dieses Amt überhaupt bekleidete. Laut Søren Sørensen war nämlich Christian Ludwig Boxberg von 1694 bis 1697 Kapellmeister in Wolfenbüttel.29 Tatsächlich lässt sich dank einer bislang unbekannten Opernabrechnung im Februar 1695 die Aufführung einer Oper von Boxberg nachweisen (vgl. Anhang II); ob sich daraus folgern lässt, dass er wirklich die Kapellmeisterfunktion innehatte, bleibt fraglich. Letzteres würde freilich bedeuten, dass Keiser durchgehend als Kammerkomponist angestellt war und nicht zum Kapellmeister befördert wurde,30 wofür auch ein Dokument vom Juni 1695 sprechen würde, in dem Keiser sich noch als »Cammer Componist« bezeichnete.31
Vermutlich 1685 oder 1686 hatte der Herzog allerdings einen Coup gelandet, als er Paul Kellner als Sänger einstellte. Schließlich waren dessen Töchter Antoinette, Elisabeth, Johanna und Paulina ebenfalls als Sängerinnen einsetzbar, und auch der Sohn Jonathan Paul verdiente seinen Lebensunterhalt als Bassist: Bei seiner am 7. Juli 1703 erfolgten Bestallung32 als Hofkantor konnte er immerhin auf eine 18-jährige Dienstzeit am Hof verweisen. Damit stand dem Hof fast auf einen Schlag – auch wenn die drei erstgenannten Töchter 1686 noch mutmaßlich zu jung waren und erst ab 1688 bei den Opernaufführungen auftraten – ein halbes Dutzend guter Sänger zur Verfügung.33 Ob in dieser Zeit noch weitere deutsche Sänger festbesoldet waren, entzieht sich mit einer Ausnahme (siehe unten) unserer Kenntnis. Selbst bei Georg Österreich, der von 1686 bis 1689 in Wolfenbüttel lebte und bei den Opern dieser Jahre mitsang, wissen wir nicht, ob er eine feste Anstellung hatte oder lediglich für einzelne Opernaufführungen verpflichtet wurde. Jedenfalls übernahm er noch in den 1690er-Jahren, als er schon Kapellmeister in Gottorf war, wiederholt einzelne Rollen in Wolfenbüttel.34 Neben den Mitgliedern der umfangreichen Kellner-Familie ist allerdings noch Georg Heinrich Bümler als festangestellter Sänger genannt, der dann 1698 als Altist und Kammermusicus an den Ansbacher Hof ging, wo er 1717 Kapellmeister wurde, sowie der »Discant Fleischer«, der aber mutmaßlich nicht fest angestellt war, da er die Kosten für Speisen im Sackkeller separat abrechnen konnte.
Der Umstand, dass zusätzlich einige der besten italienischen Sänger engagiert wurden (darunter Vincentino Antonini, Giacomo Fantini, Giuliano Giuliani und Giovanni Simone Jani) und dann 1691 eine neue Einstellungswelle italienischer Komponisten und Sänger erfolgte, ließ 1692 Anton Ulrich jedenfalls gegenüber seinem Hannoveraner Verwandten – wohl nicht ganz ohne Spitze – jubilieren: »Wir haben allhier ein so artiges Theater und etliche gute italienische Stimmen, mit denen wir uns ebenso lustig machen, als wenn wir die Marguereti [gemeint ist vermutlich Margarita Salicola] und die Clementia hörten, die wir denen Kurfürstlichen gerne gönnen.« 35
Über das Orchester jener Zeit liegen kaum Informationen vor. 1694 und 1695 erscheint in den neu aufgefundenen Opernabrechnungen der Violist Nikolaus Petersen, der freilich zu dieser Zeit bereits Stadtmusikant in Lüneburg war und eigens anreisen musste. Festangestellt scheinen die Herren Thalheim sowie Luca Dori gewesen zu sein, die 1695 zusammen mit den Kellners direkt von der fürstlichen Kammer bezahlt wurden. Da ihr halbjähriges Salär von 20 bzw. 34 Thalern sehr viel geringer ausfiel als das der Sänger und Sängerinnen, wird es sich wahrscheinlich um Instrumentalisten gehandelt haben. Dass bei ersterem Namen der Hof- und Feldtrompeter Johann Kaspar Thalheim gemeint sein könnte, der vor Februar 1702 starb, lässt sich nur vermuten.
Bei Keisers Oper Procris und Cephalus, die im August 1694 auf die Bühne kam, wirkten neben den Türmern von Braunschweig und Wolfenbüttel auch noch zwei Jäger »So beÿ der opera geblasen« mit, zudem drei Braunschweiger Schüler, die die Rollen des Cliton und des Phosphorus bzw. eine nicht genannte Rolle übernahmen, sowie mehrere Kinder, welche »die Chöre mit gesungen«. 1695 traten in der Laurentius-Messe gar zwanzig Kinder sowie acht Mädchen und zehn Jungen in der Oper auf. Am wenigsten Details zum Aufführungsapparat bietet die Abrechnung zu der Lichtmess-Messe 1695 (siehe Anhang II), in der eben jener Boxberg als »der Componiste […] für recompens und übrige Kosten in allem empfangen, laut seiner Quittung […] 74 Thaler und 27 Mariengroschen«. Vermutlich hat er also – wie Reinhard Keiser ein Jahr zuvor – für die Komposition der Oper 70 Taler erhalten; die 4 Taler 27 Mariengroschen dürften Reisegeld gewesen sein. Insgesamt scheint der Gesamtaufwand dieser Oper sehr reduziert gewesen sein, denn die gesamte Produktion kostete lediglich 678 Taler. In der Laurentius-Messe des gleichen Jahres verschlang eine Oper Keisers 1814 Taler, denen aber immerhin eine Einnahme von 1806 Talern gegenübergestellt werden konnte (siehe Anhang III). Um welche Oper es sich hierbei handelte, wissen wir nicht, denn für das Jahr 1695 ist lediglich Keisers Clelia durch ein Libretto nachweisbar; seine im gleichen Jahr entstandenen Doppelte Freude der Musen sowie Die wiedergefundenen Verliebten wurden nicht in Braunschweig, sondern in Salzdahlum aufgeführt. Für das kriegerische Geschehen der Clelia will der durch die Opernabrechnung ausgewiesene große Kinderchor überhaupt nicht passen, denn hier sind nur Chöre von Soldaten vorgesehen. Insofern wird man eine weitere Oper Keisers annehmen müssen, die in diesem Jahr im Braunschweiger Theater zur Aufführung gelangte.
Die Abrechnung des Jahres 1695 stützt jedenfalls die von Horst Richter geäußerte Vermutung, dass uns für dieses Jahr drei Opern unbekannt geblieben sind.36 Da von der Oper Boxbergs kein Libretto erhalten zu sein scheint, wären für 1695 durch die Opernabrechnungen nun aber immerhin zwei Opern nachgewiesen.37
Anhang I
Kammerdisposition 1684 sowie dazugehörige Dokumente (Exzerpt)
Ohne Ort [Wolfenbüttel], ohne Datum
Vorlage: Niedersächsisches Landesarchiv – Staatsarchiv Standort Wolfenbüttel, Sig. 4 Alt 19, Nr. 4706, ohne Foliierung.
Manuskript, diverse Einzelblätter und Einzelbogen.
Die Übertragung erfolgt diplomatisch getreu; Währungskürzel jedoch werden in aller Regel aufgelöst.
Anhang II
Abrechnung der Kosten für die Musiker während der Lichtmess-Messe 1695 aufgeführte Oper sowie Quittung vom 20. Februar – unterschrieben von Friedrich Christian Bressand
Ohne Ort [Braunschweig ?], ohne Datum [zwischen dem 10. und 20. Februar 1695]
Vorlage: Niedersächsisches Landesarchiv – Staatsarchiv Standort Wolfenbüttel, Sig. 4 Alt 19, Nr. 3672, ohne Foliierung.
Manuskript, 1 Bogen, Bl. 2v unbeschrieben. Das Dokument ist wohl durchgehend Autograph von Friedrich Christian Bressand mit überwiegend lateinischen Buchstaben.
Die Übertragung erfolgt diplomatisch getreu; Währungskürzel jedoch werden in aller Regel aufgelöst.
(Bl. 1r)
(Bl. 1v)
(Bl. 2r)
Anhang III
Abrechnung der Kosten für die in der Laurentius-Messe 1695 aufgeführte Oper
Ohne Ort, ohne Datum [nach dem 15. August 1695]
Vorlage: Niedersächsisches Landesarchiv – Staatsarchiv Standort Wolfenbüttel, Sig. 4 Alt 19, Nr. 3672, ohne Foliierung.
Manuskript, 4 fadengebundene Bogen beschrieben, Bl. 1v, 7v und 8 unbeschrieben. Vgl. auch die vorangegangenen Abrechnungs-Konzepte in derselben Akte sowie den ursprünglichen Kostenplan.
Die Übertragung erfolgt diplomatisch getreu; Währungskürzel jedoch werden in aller Regel aufgelöst.
(Bl. 1r)
(Bl. 2r)
(Bl. 2v)
(Bl. 3r)
(Bl. 3v)
(Bl. 4r)
(Bl. 4v)
(Bl. 5r)
(Bl. 5v)
(Bl. 6r)
(Bl. 6v)
(Bl. 7r)
Anmerkungen zum Anhang
1 | Tobias Querfurt (ca. 1660–1734); GND: 116318090. |
2 | Korrekte Summe wäre »59«. |
3 | Traditionell fand die Lichtmess- oder Wintermesse am Montag nach Lichtmess statt; siehe hierzu Heckenhauer o.J. (Braunschweiger Adresskalender 1721, Braunschweig o. J. Exemplar der Universitätsbibliothek Braunschweig, Sig. H-I-Nr-2; Digitalisierter Druck: http://digisrv-1.biblio.etc.tu-bs.de:8080/docportal/receive/DocPortal_document_ 00042219 – [letzter Zugriff am 19.2.2018]). Der 2. Februar war 1695 ein Mittwoch, so dass die Messe am 7. Februar begann. Die Quittung Bressands stellt den Terminuns post quem non für die Aufstellung der Opernkosten dar. |
4 | Pauline Kellner (ca. 1670–1745); GND: 1084234793; Tochter von Paul Kellner, ist spätestens ab 1686 als Sopranistin (zuerst in Lullys Psyché) in Wolfenbüttel/Braunschweig nachweisbar. |
5 | »m« mit Verdopplungsstrich. Georg Heinrich Bümler (1669–1745); GND: 100999212. Ab 1698 war er am Hof zu Ansbach, wo er 1717 zum Kapellmeister befördert wurde; vgl. hierzu u.a.: http://bmlo.de/b1048 [letzter Zugriff am 19.2.2018]. |
6 | Jonathan Paul Kellner, Sohn von Paul Kellner, ist spätestens ab 1687 als Bass (zuerst in Lullys Thésée) in Wolfenbüttel/Braunschweig nachweisbar. |
7 | Elisabeth Kellner, Tochter von Paul Kellner, ist spätestens ab 1688 als Sängerin (zuerst in Gianettinis Medea in Atene) in Wolfenbüttel/Braunschweig nachweisbar. |
8 | Johanna Kellner, Tochter von Paul Kellner, ist spätestens ab 1688 als Sängerin (zuerst in Gianettinis Medea in Atene) in Wolfenbüttel/Braunschweig nachweisbar. |
9 | Friedrich Christian Bressand (ca. 1670–1699); GND: 123060311. |
10 | Christian Ludwig Boxberg (1670–1729); GND: 12480635X. Ob freilich Boxberg wirklich, wie bei Sørensen 2000, Sp. 588 angegeben, von 1694–1697 als Kapellmeister in Wolfenbüttel gewirkt hat, ist durch seine 1695 aufgeführte Oper nicht beweisbar. Eher würde man wohl davon ausgehen, dass er dann im Zusammenhang mit dieser Opernabrechnung auch als Kapellmeister benannt würde. Um welche Oper es sich gehandelt hat, bleibt ebenfalls unklar, denn es ist kein Libretto für eine Aufführung in Braunschweig bekannt, in dem Boxberg als Komponist ausgewiesen wäre. |
11 | GND: 130055069. |
12 | Möglicherweise ist der Hof- und Feldtrompeter Johann Kaspar Thalheim gemeint, der wohl vor dem 20. Februar 1702 gestorben ist (Schmidt 1933, S. 120). |
13 | Zwischen »l« und »i« stehen möglicherweise noch ein bis zwei Buchstaben, die aber durch eine Korrektur unlesbar geworden sind. |
14 | Möglicherweise stand diese Reise Bressands im Zusammenhang mit der Leipziger Neujahrsmesse 1695, bei der Johann Sigismund Coussers Oper Die Schäfferinne Cloris aufgeführt wurde. Ob Bressand hier als Textdichter beteiligt war, bleibt allerdings fraglich, da das Libretto keine Vorrede enthält. Ebenso könnte die Reise im Vorfeld zur Ostermesse stattgefunden haben, auf der Atalanta, oder Die verirrten Liebhaber auf einen Text Bressands zur Aufführung kam. Auch die Auffühung des Regulus in Leipzig, für die Bressand die deutsche Übersetzung geliefert hatte, hätte Grund für die Reise gewesen sein können. Das Trauerspiel wurde 1695 auch in Salzdahlum gegeben. |
15 | »m« mit Verdopplungsstrich. |
16 | »m« mit Verdopplungsstrich. |
17 | »m« mit Verdopplungsstrich. |
18 | Herzog Anton Ulrich (1633–1714); GND: 118503472. |
19 | Johann Oswald Harms (1643–1708); GND: 116482990. |
20 | »D« auf unklarer Korektur. |
21 | Reinhard Keiser (1674–1739); GND: 118560999. |
22 | Nikolaus Petersen bekleidete von 1687 bis 1710 das Amt des Stadtmusikanten in Lüneburg. Zuvor war er als Hofmusicus in Wolfenbüttel; siehe Bugenhagen 2015, S. 315. |
23 | Möglicherweise handelt es sich hierbei um Friedrich Weise, der als Kammerschreiber und Sänger (Bass) ab 1708 nachweisbar ist. |
24 | »que« als Kürzel. |
25 | Huguo Bonnefond wird als Fürstlich Wolfenbütteler Hof- und Akademie-Tanzmeister zwischen 1690 und 1705 in verschiedenen Libretti von Opern und Singspielen erwähnt, die in Braunschweig-Wolfenbüttel aufgeführt wurden (http://www.worldcat.org/identities/viaf-55012863/ – [letzter Zugriff am 19.2.2018]). 1705 erschien in Braunschweig und Wolfenbüttel sein Abregée Des Principes De La Dance Tirée Des Meilleurs Maitres De L’Art = Verzeichniß Der vornehmsten Grund-Sätze vom Tantzen / Genommen auß denen besten Meistern dieser Kunst/ und an den Tag geleget Durch Huguo Bonnefond. Vgl. dazu: http://diglib.hab.de/...ke/ul-kapsel-1-2/start.htm [letzter Zugriff am 19.2.2018]. |
26 | Paul Kellner. |
27 | Heinrich Adrian Besser ist seit spätestens 1696 als Hofkantor nachweisbar und wurde 1703 Pagenhofmeister. Diese Funktion bekleidete er noch mindestens bis Ende 1727, als er die Patenschaft für eine Tochter von Georg Kaspar Schürmann übernahm. |
28 | Es ist unklar, ob es sich hier um den Bassisten Ernst Wilhelm Joachim Braun handelt, der mindestens bis 1735 am Hof nachweisbar ist. |
29 | Auch »Blaiha« oder »Blacha« lesbar. |
30 | Hans Behrens (Berndes); siehe Chrysander 1863, S. 195. Auf einer Quittung über den Eingang des Geldes für die Laurentius-Messe 1694 unterschreibt er als »Berndes« (Sig. 4 Alt 19, Nr. 3672, ohne Foliierung). |
31 | Heinrich Behrens (Berndes); siehe Chrysander 1863, S. 195. Auf einer Quittung über den Eingang des Geldes für die Laurentius-Messe 1694 unterschreibt er als »Berndes« (Sig. 4 Alt 19, Nr. 3672, ohne Foliierung). |
32 | Johann Blees(e) war Hausmann in Wolfenbüttel und bewohnte seit mindestens 1689 ein Haus in der Kirchstraße (34 N, Nr. 335). |
33 | Otto Eilhard Bothienter (vor 1654 bis 1702). Siehe zu diesem Pape/Weihmann 2016, S. 503. |
34 | Korrigiert aus »4«. |
35 | Korrigiert aus »12«. |
36 | Korrigiert aus »94«. |
37 | Korrigiert aus »–«. |
38 | Gemeint ist Hermann Korb (1656–1735); GND: 119548518; Dessen Abrechnung beläuft sich auf 409 Thaler, 4 Groschen und 4 Kreuzer; diese findet sich in derselben Mappe (»Specification | Waß diese izige Laurentz Messe | die Fürstl. operen in Braunschwl. zu pro= | biren und Spilen an Arbeitslohn, und son= | sten dazu gebrauchten Matterialien angelde auß tragen alß folget«). |
39 | Als Kürzel. |
40 | Georg Österreich (1664–1735); PND: 104209054. |
41 | Als Kürzel. |
42 | Als Kürzel. |
43 | »i« aus »o« korrigiert, oder umgekehrt. |
44 | Zeile über der Durchstreichung nachgetragen. |
45 | Als Kürzel. |
46 | »quen« als Kürzel. |
47 | Korrektur aus »94«. |
48 | Korrektur aus »–«. |
49 | Korrektur aus »1812«. |
50 | Korrektur aus »18«. |
51 | Korrektur aus »1812«. |
52 | Korrektur aus »18«. |
Literatur
Albrecht/Paulus 2006: Albrecht, Peter; Paulus, Simon (Hg.): Hermann Korb und seine Zeit – Barockes Bauen im Fürstentum Braunschweig-Wolfenbüttel, Braunschweig 2006.
Bodemann 1883: Bodemann, Eduard: Bericht über einen Carneval im Rathhause zu Hannover, wie über das Hoftheater und Hofleben daselbst im Jahre 1688, in: Zeitschrift des historischen Vereins für Niedersachsen 1883, S. 286–293.
Bugenhagen 2015: Bugenhagen, Beate: Die Musikgeschichte Stralsunds im 16. und 17. Jahrhundert, Köln 2015.
Chrysander 1863: Chrysander, Friedrich: Geschichte der Braunschweig-Wolfenbüttelschen Capelle und Oper vom 16. bis zum 18. Jahrhundert, in: Jahrbücher für musikalische Wissenschaft 1/1863, S. 147–286.
Eisinger 1990: Ralf Eisinger, Ralf: Das Hagemarkt-Theater in Braunschweig (1690–1861), Braunschweig 1990.
Emans 1993: Emans, Reinmar: Giovanni Legrenzis Oper »Eteocle e Polinice« in der Bearbeitung Antonio Gianettinis. Ein Beitrag zur musikästhetischen Entwicklung der Arie, in: Colzani, Alberto u. a. (Hg.): Seicento inesplorato. L’evento musicale tra prassi e stile: un modello di interdipendenza (= Atti del III Convegno internazionale sulla musica in area lombardo-padana del secolo, Bd. 17), Como 1993, S. 559–590.
Emans 2016a: Emans, Reinmar: Musiker in Wolfenbüttel/Braunschweig. Ein prosopografischer Versuch, in: Emans, Reinmar u. a. (Hg.): Musik an den Welfenhöfen, (= Hamburger Jahrbuch für Musikwissenschaft, Bd. 31) Frankfurt a. M. 2016, S. 9–54.
Emans 2016b: Emans, Reinmar: Wolfenbüttel – ein ›Klein-Venedig‹?, in: Meine, Sabine u. a. (Hg.): Musik und Vergnügen am Hohen Ufer. Fest- und Kulturtransfer zwischen Hannover und Venedig in der Frühen Neuzeit (= Studi. Schriftenreihe des Deutschen Studienzentrums in Venedig Centro Tedesco di Studi Veneziani, Neue Folge, Bd. 15), Regensburg 2016, S. 321–333.
Feind 1708: Feind, Barthold: Barth. Feindes/ Lt. Deutsche Gedichte/ Bestehend in Musicalischen Schau=Spielen/ Lob=Glückwünschungs=Verliebten und Moralischen Gedichten/ Ernst= und schertzhafften Sinn= und Grabschrifften/ Satyren/ Cantaten und allerhand Gattungen, Sammt einer Vorrede Von dem Temperament und Gemühts=Beschaffenheite eines Poeten/ und Gedancken von der Opera, Stade 1708.
Gerkens 1974: Gerkens, Gerhard: Das fürstliche Lustschloss Salzdahlum und sein Erbauer Herzog Anton Ulrich von Braunschweig-Wolfenbüttel (= Quellen und Forschungen zur Braunschweigischen Geschichte, Bd. 22), Braunschweig 1974.
Grote 2005: Grote, Hans-Henning: Schloss Wolfenbüttel. Residenz der Herzöge zu Braunschweig und Lüneburg, Braunschweig 2005.
Heckenhauer o. J.: Heckenhauer, Jacob Wilhelm (Hg.): Braunschweiger Adresskalender 1721, Braunschweig o. J., http://digisrv-1.biblio.etc.tu-bs.de:8080/docportal/receive/DocPortal_document_ 00042219 [letzter Zugriff am 19.2.2018].
Küster 2015: Küster, Konrad: Georg Österreichs Musiksammlung. Entstehung – Gliederung – Fortentwicklung, in: Küster, Konrad (Hg.): Zwischen Schütz und Bach: Georg Österreich und Heinrich Bokemeyer als Notensammler (Gottorf/Wolfenbüttel), Stuttgart 2015, S. 117–276.
Mazingue 1974: Mazingue, Etienne: Anton Ulrich. Duc de Braunschweig-Wolfenbuettel (1633–1714) un Prince Romancier au XVIIéme Siecle, 2 Bd., Lille 1974.
Pape/Weihmann 2016: Pape, Uwe; Weihmann, Jochen: Orgeln und Orgelbauer in Braunschweig (= Norddeutsche Orgeln, Bd. 2), Berlin 2016.
Paulus 2006: Paulus, Simon: »Damit alle solche unß zugehörigen Gebäude ein bauliches Wesen erhalten…«. Hermann Korb und das fürstliche Bauwesen seiner Zeit, in: Albrecht, Peter; Paulus, Simon (Hg.): Hermann Korb und seine Zeit – Barockes Bauen im Fürstentum Braunschweig-Wolfenbüttel, Braunschweig 2006, S. 29–50.
Richter 1963: Richter, Horst: Johann Oswald Harms. Ein deutscher Theaterdekorateur des Barock (= Die Schaubühne. Quellen und Forschungen zur Theatergeschichte, Bd. 58), Emsdetten 1963.
Rüstzeug 1704: Das Neu=eröffnete Rüst=Zeug oder Machinen-Hauß. Worinnen Curieusen Gemüthern durch kenbahre Modelle und Beschreibungen deutlich doch in beliebter Kürtze das Vornehmste vorgestellet wird/ Was An denen jenigen Oertern/ dahin die Teutschen am meisten reisen/ von sinnreichen nützlichen und curieusen Machinen und Werckzeugen anzutreffen ist. Meistens Aus eigener Erfahrung und Besichtigung beschrieben durch einen Liebhaber Curieuser Sachen, Hamburg 1704.
Schmidt 1933: Schmidt, Gustav Friedrich: Die frühdeutsche Oper und die musikdramatische Kunst Georg Caspar Schürmanns, Regensburg 1933.
Smart 1989: Smart, Sara: Doppelte Freude der Musen. Court Festivities in Brunswick – Wolfenbüttel 1642–1700, Wiesbaden 1989.
Sørensen 2000: Sørensen, Søren: Artikel Boxberg, Christian Ludwig, in: Finscher, Ludwig (Hg.): Die Musik in Geschichte und Gegenwart, Personenteil, Bd. 3, Kassel u. a. 2000, Sp. 588–589 (zuvor in: MGG, Supplement A–D, Sp. 1025–1026).
Uffenbach 1928: Uffenbach, Johann Friedrich Armand von: Johann Friedrich Armand von Uffenbachs Tagebuch einer Spazierfarth durch die Hessischen in die Braunschweig-Lüneburgischen Lande (1628), nach der unveröffentlichten Göttinger Handschrift, hg. von Max Arnim, Göttingen 1928.
Braunschweig – Wolfenbüttel – Salzdahlum: Raum- und Opernkonzepte sowie Personal- und Aufführungsfragen
Anhang I
Anhang II
Anhang III
Anmerkungen zum Anhang
Literatur